Er sagte: Ich sagte: Gepriesen sei der Allbarmherzige, der Als die dritte Schar vorüberzog und es still war, sagte R.
die Regierung auf Erden eingerichtet hat wie die Regierung Scheschet: Jetzt kommt der König bestimmt.
im Himmel und euch die Macht und Gerechtigkeit verliehen Der Häretiker fragte ihn: Woher weißt du das?
hat.
Er sagte: Die Königsherrschaft auf Erden gleicht der Königsherrschaft im Himmel, denn es heißt: Da sagten sie: Er schätzt ja wirklich sehr die Majestät der Und JHWH wird vorübergehen. Und ein großer, starker Regierung.
Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach[, kam Da übergaben sie ihm einen Stab und sprachen zu ihm: vor JHWH her. JHWH war aber nicht im Wind. Nach dem Sprich [künftig mit Genehmigung des Königs] Recht!
Wind aber kam Lärm. Aber JHWH war nicht im Lärm].
Nachdem sie fortgegangen waren, sprach ein [anderer]
Und nach dem Lärm Feuer und nach dem Feuer eine Mann zu ihm: Der Allbarmherzige lässt also den Lügnern Stimme, still, sanft. (1 Kg 19,11-12) Wunder geschehen!
Als der König herankam, begann R. Scheschet über ihn Er sagte: Frevler, werden sie denn nicht Esel genannt?!
den Segen zu sprechen.
Es heißt ja:
Da sagte der Häretiker zu ihm: Du sprichst den Segen über Deren Fleisch dem Fleisch von Eseln gleicht. (Ez 23,20) einen, den du nicht siehst?!
Als [R. Schela] ihn hinausgehen sah, um ihnen1 zu erzählen, Was geschah mit jenem Häretiker?
dass er sie Esel genannt habe, sprach er: Dieser ist ja ein Manche sagen, seine Gefährten stachen ihm die Augen Verfolger, und die Tora sagt: Will jemand dich töten, so aus.
komm ihm zuvor und töte ihn. – Da erschlug [R. Schela]
Manche sagen: R. Scheschet richtete ein Auge auf ihn, und ihn mit dem Stock und tötete ihn.
er ward zu einem Knochenhaufen.
Nun sprach er: Da mir durch jenen Vers ein Wunder geschah, so will ich ihn auslegen:
R. Schela geißelte einen Mann, der eine Nichtjüdin be-Dein, JHWH, ist die Größe und die Macht. (1 Chron schlafen hatte. Da ging dieser Mann und verleumdete 29,11)
ihn beim König, indem er sagte: Es gibt unter den Juden einen Mann, der ohne Genehmigung des Königs richtet.
Das ist das Schöpfungswerk […]
Da entsandte er Beamte, die kamen und sprachen zu ihm: Warum hast du diesen gegeißelt?
Er sagte zu ihnen: Er hat eine Eselin beschlafen.
1
Den Beamten des Königs.
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Alphabet des Ben Sira
V. Eine fabelhafte Ethik
Frage 3 bis 6 im Alphabet des Ben Sira bezieht sich kritisch auf die In bBer 58a geht es um einen Präzedenzfall. R. Schela hat an einem hier zitierte Sinneinheit aus bBer 58a. Als Überschrift ist der Lehr-Mann die Geißelstrafe vollzogen, weil dieser mit einer Nichtjüdin satz der Rabbanan zu sehen: Wer Weise von Israel sieht, spreche: geschlafen hatte. Dazu war R. Schela nicht befugt, da eine solche Gepriesen sei der, der von seiner Weisheit denen, die ihn fürchten, schwerwiegende Bestrafung, an deren Folgen man durchaus sterben mitgeteilt hat. Dieser Satz ist so zu verstehen, dass nur der Weise, konnten, nur aufgrund eines ordnungsgemäßen Gerichtsspruches dessen Weisheit nicht Selbstzweck ist, wirklich als Weiser zu be-vollzogen werden durfte. Schela handelt ohne Genehmigung eines trachten ist. – Dies trifft auf Ben Sira zu, der sich – wenn auch ge-Gerichtshofes und ohne Genehmigung des Königs. Allein aufgrund zwungenermaßen – dem Disput mit dem König stellt. Hier kann er dieses Rechtsbruches ist der gegeißelte Mann berechtigt, gegen seine Weisheit weitergeben.
Schela Klage zu führen.1 Bei dieser Klage geht es nicht mehr um In dem sich anschließenden Lehrsatz des R. Jochanan findet sich den Auslöser für die Geißelung, sondern nur um die Tatsache, dass dann eine Anleitung zum Umgang mit Königen: Hat man es mit diese nicht in Schelas Kompetenzbereich fällt. Maßt sich Schela den Königen zu tun, versucht man, ihnen entgegen zu kommen. Dieser Vollzug der Strafe an, bricht er geltendes Recht.
Satz ist mehrdeutig. Jochanan kann meinen, dass man dem König, Dass diese schwerwiegende Grenzüberschreitung nur zu der Fra-wenn man ihn sieht, entgegen geht, so dass nicht der König sich in ge geführt haben sollte, warum Schela den Mann gegeißelt habe, ist Richtung eines Menschen bewegen muss. Nicht der König soll sich merkwürdig genug. Dass Schela aber nun zu einer bewussten Täu-bemühen, sondern der Untertan. Damit erweist der Mensch dem Kö-schung greift, um seine Haut zu retten, bezeichnet schon bBer 58a nig seinen Respekt. Entgegen kommen kann man aber auch jeman-als problematisch. Schela nennt als Grund für seine Reaktion Sodo-dem, um einen Kompromiss auszuhandeln. Beide Interpretationen mie mit einem Esel. Da Sodomie nach dem Recht des Königs mit werden im Alphabet des Ben Sira abgelehnt. Ben Sira geht dem Kö-dem Tod bestraft wird, hätte Schela den Mann mit der Geißelstrafe nig nicht entgegen, sondern schlägt ihm vor, in einer Truppe an ihm noch zu milde gestraft. Auf die Feststellung, dass die Todesstrafe vorüberzuziehen. Er kommt ihm auch nicht entgegen, als es darum angemessen sei, antwortet Schela listig, diese falle in den Kom-geht, die Königstochter zu heiraten. Ben Sira weist dies schroff von petenzbereich des Königs. Damit gibt er vor, sich dem staatlichen sich. Rät bBer 58a zu einem politischen Taktieren, bei dem man eine Recht zu beugen und liefert, damit dies auch überzeugend ist, den Fünf schon einmal gerade sein lassen kann, weist das Alphabet des Beschuldigten an die Beamten des Königs aus, damit sie an ihm das Ben Sira dies deutlich zurück. Es geht im Leben darum, ein gerades Todesurteil vorstrecken können. Damit „opfert“ Schela eine Person Rückgrad zu zeigen und dafür zu stehen, auch wenn es, wie im Falle aus der jüdischen Gemeinde, um seine eigene Haut zu retten. Selbst-des Ben Sira, dann zu größten Problemen kommt.
gefällig betet er, während die Beamten beraten, was zu tun sei, das Das „Entgegenkommen“ wird in bBer 58a am Beispiel des blin-Gebet, das David sprach, um für die Gaben für den Tempelbau zu den R. Scheschet verdeutlicht. Alle Menschen gehen dem König danken. Schela vergreift sich nicht nur an einem Juden, sondern de-entgegen, aber der Blinde, der besser hören kann als die Sehenden, gradiert ihn mit seinem Gebet auch noch zu einer Sache und fühlt weiß, wann der König wirklich anwesend ist. Diese Geschichte von sich dabei nicht einmal schuldig. Von den Beamten aufgefordert zu R. Scheschet diente als Vorlage für die Geschichte im Alphabet des wiederholen, was er gerade gesagt habe, lügt Schela erneut, um sich Ben Sira. Ben Sira steht in der Tradition des R. Scheschet, aber die weitere Vorteile zu verschaffen. Er habe Gott dafür gepriesen, dass Grundlagen von dessen Geschichte werden ethisch-moralisch verän-er dieser Regierung „Macht und Gerechtigkeit“ verliehen hat. Dies dert: Ben Sira lässt den König zu sich kommen und beugt sich nicht überzeugt die Beamten des Königs. Sie übertragen Schela die rich-vor ihm. Greift bBer 58a auf den Topos des blinden Sehers zurück, terliche Gewalt.
um „Einsichten“ zu vermitteln, zeigt das Alphabet des Ben Sira, dass Ein anonymer Beobachter stellt Schela nun zur Rede: Was ist das lediglich ein gutes Hörvermögen notwendig ist, um eine Situation für ein Gott, der Lügen mit einem Wunder (dass Schela die Recht-mit verbundenen Augen zu analysieren.
sprechung übertragen wurde) belohnt! Schela rechtfertigt sich, er Der sich in bBer 58a anschließende Bericht über R. Schela wurde habe ja nicht wirklich gelogen, sondern nur absichtlich ein Miss-dort aufgrund des Stichwortes „König“ eingefügt. Hier findet sich verständnis herbeigeführt. Das überzeugt den Beobachter zu Recht die Problematik wieder, die in Frage 5 des Alphabets des Ben Sira diskutiert wird: die Verbindung Jerusalems mit den Söhnen von Ba-1
Siehe D. Börner-Klein, Killing in Self-Defense in Rabbinical Law.
bel oder, die Verbindung von Juden und Nichtjuden.
Jewish Studies Quarterly 4 (1997), 169-182.
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