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Aas genährt. Eines Tages endlich bemerkte er Lanzen am Horizont. Willenlos war er gefolgt, denn sein Verstand war durch Schreck und Not verstört.

Solange er erzählte, bezwangen die Soldaten ihre Entrüstung. Nun brach sie wie ein Gewitter los. Am liebsten hätten sie die Gardisten samt dem Suffeten niedergemetzelt.

Einige aber legten sich ins Mittel und sagten, man müsse Hanno erst hören, zum mindesten um zu erfahren, ob sie bezahlt werden sollten. Da schrien alle: »Unser Geld!«

Hanno erwiderte, er habe es mitgebracht.

Man stürzte zum Lager hinaus, und die Kamele mit dem Gepäck, von den Barbaren

vorwärts getrieben, gelangten bis in die Mitte des Lagers. Ohne auf die Sklaven zu warten, öffnete man eiligst die Körbe. Man fand darin hyazinthenblaue Gewänder, Schwämme, Rasiermesser, Bürsten, Parfümerien und Antimonstifte zum Ummalen der Augen, – alles

den Gardisten gehörig, reichen Leuten, die an solche Luxusdinge gewöhnt waren. Ferner entdeckte man auf einem Kamel eine große kupferne Wanne. Sie gehörte dem Suffeten, der unterwegs darin badete. Er hatte für sich jedwede Bequemlichkeit vorgesehen und sogar Wiesel aus Hekatompylos in Käfigen mitgenommen, die man lebendig verbrannte,

um Arznei für ihn zu bereiten. Und da die Krankheit seine Eßlust sehr gesteigert hatte, führte er auch eine Menge von Eßwaren und Wein mit sich, Salzlake, Fleisch und Fische in Honig, Eingemachtes aus Kommagene und geschmolzenes Gänsefett, das mit Schnee und Häcksel bedeckt war. Die Vorräte waren bedeutend. Mit jedem Korbe, den man aufmachte, kam etwas Neues zum Vorschein. Die Zuschauer schüttelten sich vor Lachen.

Was den Sold betraf, so füllte er kaum zwei Spartomattenkörbe. In dem einen erblickte man sogar die runden Lederstücke, deren sich die Republik zur Ersparnis von Metallgeld bediente. Als der Suffet das große Erstaunen der Barbaren darüber merkte, erklärte er ihnen, die Prüfung ihrer Rechnungen sei sehr umständlich. Die Alten hätten noch keine Zeit dazu gehabt. Einstweilen schickten sie ihnen dies.

Da ward alles über den Haufen gerannt: Maultiere, Diener, Sänfte, Vorräte, Gepäck. Die Söldner ergriffen die Geldbeutel, um Hanno damit zu erschlagen.

Mit knapper Not erkletterte er einen Esel und entfloh, sich an die Mähne klammernd, heulend und weinend, gestoßen und gequetscht, indes er den Fluch aller Götter auf das Heer herabflehte. Sein breites Halsgehänge aus Edelsteinen flog ihm um die Ohren. Mit den Zähnen hielt er seinen zu langen Mantel fest, der hinter ihm herschleifte. Noch aus der Ferne schrien die Barbaren ihm nach: »Pack dich! Feigling! Schwein! Abschaum Molochs! Schwitze in deinem Gold und deiner Pest! Fort! Fort!« Die Leibwache galoppierte neben ihm her.

Die Wut der Barbaren besänftigte sich nicht. Man entsann sich, daß mehrere von ihnen, die sich wieder nach Karthago gewandt hatten, nicht zurückgekehrt waren. Ohne Zweifel hatte man auch sie ermordet. So viele Untaten erbitterten die Söldner. Sie begannen die Zeltpfähle auszureißen, ihre Mäntel zu rollen und die Pferde aufzuzäumen. Ein jeder griff nach Helm und Schwert, und im Nu war alles marschbereit. Wer keine Waffe hatte, eilte in die Gehölze, um sich Knüppel zu schneiden.

Der Tag brach an. Die Einwohner von Sikka erwachten und füllten die Straßen. »Sie marschieren gegen Karthago!« sagte man, und bald verbreitete sich dies Gerücht durch die ganze Gegend.

Auf jedem Fußsteige, aus jedem Hohlwege strömten Menschen herbei. Man sah die Hirten von den Bergen herabeilen.

Als die Barbaren bereits aufgebrochen waren, kam Spendius auf einem punischen Hengste von einem Ritt durch die Ebene zurück. Sein Sklave folgte ihm mit einem dritten Pferde zur Hand.

Ein einziges Zelt war stehen geblieben. Spendius trat hinein.

»Aus, Herr! Mach dich bereit! Wir marschieren!«

»Wohin?« fragte Matho.

»Nach Karthago!« rief Spendius.

Matho sprang auf das Pferd, das der Sklave vor der Tür am Zügel hielt.

Kapitel 3

Salambo

Der Mond kam über dem Saum der See heraus. Noch war die Stadt im Dunkel. Nur hier

und da blinkten leuchtende Punkte und lichte Flecke: die Deichsel eines Wagens in irgendeinem Hofe, ein aufgehängtes Stück Leinwand, eine Mauerecke, der goldne Schmuck auf der Brust eines Götterbildes. Da und dort funkelten die Glaskugeln auf den Tempeldächern wie riesige Diamanten, während linienlose Gebäudeteile, schwarze Flächen Landes und Baumgruppen in der Dunkelheit noch massiger und düsterer aussahn.

Wo der Stadtteil Malka aufhörte, spannten sich Fischernetze von einem Hause zum andern, wie ungeheure Fledermäuse mit entfalteten Flügeln. Das Knarren der Räder, die das Wasser bis in die obersten Stockwerke der Paläste trieben, war verstummt. Auf den Terrassen schlummerten friedlich die Kamele, wie Strauße auf dem Bauche liegend. Die Türhüter schliefen auf den Straßen vor den Haustüren. Über die menschenleeren Plätze krochen die Schatten gigantischer Monumente. An verschiedenen Stellen in der Ferne drang durch die Lücken eherner Dächer die Lohe von Opferfeuern. Der schwüle Seewind

trug Blütenduft vermischt mit Meeresgeruch und dem Dunst sonnendurchglühter Mauern

her. Rings um Karthago glitzerte die starre Meeresflut. Der Mond goß sein Licht über den bergumfriedeten Golf und über das Haff von Tunis, auf dessen Sanddünen Flamingos in langen rosigen Reihen hockten, während weiter weg, hinter der Totenstadt, die große Salzlagune wie eine Silberplatte glänzte. Das dunkelblaue Himmelsgewölbe versank auf der einen Seite im Staubnebel der Ebenen, auf der andern in den Dämpfen des Meeres.

Oben auf der Akropolis wiegten die hohen spitzigen Zypressen, die den Eschmuntempel

umhüteten, ihre Wipfel und rauschten genau so monoton wie die Wogen, die zu Füßen der Befestigungen in schwerfälliger Regelmäßigkeit an den Quadern des langen

Hafendammes zerstoben.

Salambo stieg auf das flache Dach ihres Palastes, gestützt von einer Sklavin, die in einem eisernen Becken glühende Kohlen trug. Mitten auf der Terrasse stand ein niedriges Ruhebett aus Elfenbein. Luchsfelle und mit Papageienfedern gefüllte Kissen lagen darauf.

Diese weissagenden Vögel waren den Göttern geweiht. Über den vier Ecken waren die Pfannen angebracht, gefüllt mit Spezereien, Narde, Zimt und Myrrhen. Die Sklavin entzündete das Räucherwerk.

Salambo blickte zum Polarstern auf, grüßte feierlich die vier Windrichtungen und kniete dann auf dem blauen Sande nieder, der – ein zweiter Himmel – mit goldenen Sternen besät war. Sie drückte die Ellbogen an die Hüften, streckte die Unterarme wagerecht vor, öffnete die Hände, bog das Haupt zurück, so daß ihr das Mondlicht voll ins Angesicht schien, und sprach:

»O Rabbetna … Baalet … Tanit!« Das klang wie Klagelaute, gedehnt, wie ein Ruf in

die Ferne. »Anaïtis … Astarte … Derketo … Astoreth … Mylitta … Athara … Elissa …

Tiratha… . In deinen Symbolen … in der heiligen Musik … in den Furchen der Äcker …

im ewigen Schweigen … und in der ewigen Fruchtbarkeit… . Herrin des düsteren

Meeres … und der blauen Gestade … o Königin des Feuchten … sei mir gegrüßt!«

Zwei- oder dreimal beugte sie den Oberkörper vor und zurück, dann warf sie sich mit

ausgestreckten Armen mit der Stirn in den Sand. Die Sklavin richtete sie sofort wieder auf, denn gläubigem Brauch gemäß mußte man den Betenden emporheben. Es bedeutete,

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