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Bastians Herz begann wild zu klopfen. Sollte er es einfach ausprobieren?

Aber wenn es dann nicht gelang? Wenn er sich überhaupt täuschte? Wenn die beiden gar nicht von ihm redeten, sondern von einem ganz anderen Retter? Woher wollte er denn wissen, ob sie wirklich ihn meinten?

»Ich frage mich«, begann Atréju schließlich von neuem, »ob es möglich ist, daß er noch immer nicht versteht, daß er und kein anderer gemeint ist?«

»Nein«, sagte die Kindliche Kaiserin, »so töricht kann er nicht sein nach allen Zeichen, die er empfangen hat.«

»Ich probier’s einfach aus!« sagte Bastian. Aber er brachte das Wort nicht über die Lippen. Was, wenn es tatsächlich gelang? Dann würde er irgendwie nach Phantasien kommen. Aber wie? Vielleicht mußte er auch eine Verwandlung über sich ergehen lassen. Was würde dann aus ihm

werden? Vielleicht tat es weh oder er würde ohnmächtig? Und wollte er denn überhaupt nach Phantasien? Er wollte zu Atréju und der Kindlichen Kaiserin, aber er wollte durchaus nicht zu all diesen Ungeheuern, von denen es da wimmelte.

»Vielleicht«, meinte Atréju, »mangelt es ihm an Mut?«

»Mut?« fragte die Kindliche Kaiserin, »kostet es denn Mut, meinen Namen auszusprechen?« »Dann«, sagte Atréju, »weiß ich nur noch einen Grund, der ihn zurückhalten könnte.« »Welchen?«

Atréju zögerte, ehe er ihn aussprach:

»Er will ganz einfach nicht. Es liegt ihm nichts an dir und an Phantasien.

Wir sind ihm gleichgültig.«

Die Kindliche Kaiserin blickte Atréju groß an.

»Nein! Nein!« rief Bastian, »das dürft ihr nicht glauben! Das ist es bestimmt nicht! Ach bitte, bitte, denkt nicht so was von mir! Hört ihr mich nicht? So ist es nicht, Atréju!«

»Er hat mir versprochen, zu kommen«, sagte die Kindliche Kaiserin, »ich habe es in seinen Augen gelesen.«

»Ja, das ist wahr«, rief Bastian, »und ich komm’ auch gleich, ich muß mir nur nochmal alles gründlich überlegen. Es ist nicht so einfach.«

Atréju senkte den Kopf, wieder warteten beide schweigend lange Zeit.

Aber der Retter erschien nicht, und nicht das kleinste Anzeichen deutete darauf hin, daß er sich ihnen wenigstens bemerkbar zu machen versuchte.

Bastian stellte sich vor, wie es wäre, wenn er plötzlich vor ihnen stünde -

in all seiner Dickheit, mit seinen X-Beinen und seinem käsigen Gesicht. Er konnte förmlich die Enttäuschung im Gesicht der Kindlichen Kaiserin sehen, wenn sie zu ihm sagen würde: »Was willst du denn hier?«

Und Atréju würde vielleicht sogar lachen.

Bei dieser Vorstellung schoß Bastian die Schamröte ins Gesicht.Natürlich, sie erwarteten irgendeinen Helden, einen Prinzen oder so

was. Er durfte sich ihnen nicht zeigen. Das war ganz unmöglich. Lieber wollte er alles aushaken - nur das nicht!

Als die Kindliche Kaiserin endlich aufblickte, war der Ausdruck ihres Gesichtes verändert. Atréju erschrak fast vor der Größe und Strenge ihres Blickes. Und er wußte auch, wo er diesen Ausdruck schon einmal gesehen hatte: bei den Sphinxen!

»Mir bleibt noch ein Mittel«, sagte sie, »aber ich mache ungern von ihm Gebrauch. Ich wünschte, er würde mich nicht dazu zwingen.«

»Welches Mittel?« fragte Atréju flüsternd.

»Ob er es weiß oder nicht - er gehört schon zur Unendlichen Geschichte.

Jetzt kann und darf er sich nicht mehr zurückziehen. Er hat mir ein Versprechen gegeben und muß es halten. Doch kann ich es nicht allein bewirken.«

»Wer in ganz Phantasien«, rief Atréju, »vermag etwas, das du nicht kannst?« »Nur einer«, antwortete sie, »wenn er will. Der Alte vom Wandernden Berge.« Atréju schaute die Kindliche Kaiserin in höchster Verwunderung an.

»Der Al te vom Wandernden Berge?« wiederholte er und betonte jedes Wort, »willst du damit sagen, daß es ihn gibt?«

»Zweifelst du daran?«

»Die alten Leute in unseren Zeltlagern erzählen den ganz kleinen Kindern von ihm, wenn sie unfolgsam oder schlecht sind. Sie sagen, daß er alles was man tut oder unterläßt, ja sogar was man denkt und fühlt, in sein Buch schreibt und daß es dann dort für immer aufgezeichnet steht als schöne oder als häßliche Geschichte, je nachdem. Als ich selbst noch klein war, habe ich es auch geglaubt, aber später dachte ich, es sei nur ein Ammenmärchen, um die Kinder zu erschrecken.«

»Wer weiß«, sagte sie lächelnd, »was es mit den Ammenmärchen auf sich hat.« »Du kennst ihn also«, forschte Atréju, »hast du ihn gesehen?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Wenn ich ihn finde, dann wird es das erste Mal geschehen, daß wir uns begegnen.« »Unsere alten Leute erzählen auch«, fuhr Atréju fort, »daß man niemals wissen kann, wo der Berg des Alten sich gerade befindet, daß er

immer ganz unerwartet erscheint, einmal da, einmal dort, und daß man ihm nur durch Zufall begegnen kann oder durch Schicksalsfügung.« »Ja«, antwortete die Kindliche Kaiserin, »den Alten vom Wandernden Berge kann man nicht suchen. Man kann ihn nur finden.«

»Auch du?« fragte Atréju.

»Auch ich«, sagte sie.

»Aber wenn du ihn nicht findest?«

»Wenn es ihn gibt, werde ich ihn finden«, versetzte sie mit rätselhaftem Lächeln, »und wenn ich ihn finde, wird es ihn geben.«

Atréju verstand die Antwort nicht. Zögernd fragte er:

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