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Erzeugnisse verkauft wurden. Schneider stickten Mäntel. Andre flochten Netze, bemalten Kissen, schnitten Sandalen. Arbeiter aus Ägypten glätteten mit Muschelschalen Papyrus.

Die Weberschiffchen schwirrten, die Ambosse der Waffenschmiede dröhnten.

Hamilkar sagte zu den letzteren:

»Schmiedet Schwerter! Schmiedet immerfort! Ich werde sie brauchen!«

Dabei zog er aus seinem Busen das giftgebeizte Antilopenfell, damit man ihm einen Harnisch daraus schnitte, fester denn aus Erz, einen, dem Feuer und Eisen nichts anhaben könnten.

Als er zu den Handwerkern trat, suchte ihn Abdalonim, in der Absicht, seinen Zorn von sich abzuwenden, gegen diese Leute aufzubringen, indem er ihre Arbeiten mürrisch tadelte:

»Was für eine Arbeit! Es ist eine Schande! Wahrhaftig, der Herr ist zu gut!«

Hamilkar ging weiter, ohne auf ihn zu hören.

Er verlangsamte seine Schritte, denn große, von oben bis unten verkohlte Bäume, wie

man sie in den Wäldern findet, wo Hirten gelagert haben, versperrten den Weg. Die Zäune waren niedergerissen, das Wasser in den Gräben eingetrocknet, Glasscherben und Affenknochen lagen in großen Schlammpfützen umher. Hier und dort hingen Zeugfetzen

an den Büschen. Unter den Limonenbäumen hatten sich verfaulte Blumen zu einem gelben häßlichen Haufen getürmt. Offenbar hatte sich die Dienerschaft um nichts gekümmert, im Glauben, der Herr käme nicht wieder heim.

Auf Schritt und Tritt entdeckte er immer neues Unheil, neue Beweise für das, was zu erforschen er sich untersagt hatte. Jetzt besudelte er sogar seine Pupurstiefel, indem er in Unrat trat. Warum hatte er die ganze Soldateska nicht im Schußfeld eines Geschützes, um sie kurz und klein zu schießen! Er fühlte sich gedemütigt, weil er ihre Partei genommen.

Narretei! Verrat! Da er aber weder an den Söldnern, noch an den Alten, noch an Salambo oder an sonst jemandem Rache nehmen konnte und sein Zorn ein Ziel haben mußte, so verurteilte er in Bausch und Bogen sämtliche Gartensklaven zur Arbeit in den Bergwerken.

Abdalonim zitterte jedesmal, wenn er ihn die Richtung nach dem Tierparke zu nehmen

sah. Aber Hamilkar schlug den Weg nach der Mühle ein, aus der ihm schwermütiger Gesang entgegenscholl.

Von Staub umhüllt drehten sich die schweren Mühlsteine, das heißt zwei

übereinanderliegende Porphyrkegel, deren oberer einen Trichter trug und durch starke Stangen auf dem unteren bewegt wurde. Sklaven schoben sie mit Brust und Armen, während andere an Riemen zogen. Das Scheuern des Lederzeugs hatte an ihren Achseln eiternde Krusten gebildet, wie man sie auf dem Widerrist der Esel sieht; und der schwarze schlaffe Schurz, der ihre Hüften bedeckte, mit den herabhängenden Zipfeln, die wie lange Schwänze aussahen, schlug ihnen gegen die Kniekehlen. Ihre Augen waren gerötet, ihre Fußketten klirrten, ihre Lungen keuchten im Takte. Vor dem Munde trugen sie, an zwei Erzketten befestigt, Maulkörbe, so daß sie nicht von dem Mehl essen konnten. Ihre Hände steckten in Fausthandschuhen, damit sie auch nichts davon nahmen. Beim Eintritt des Herrn knarrten die hölzernen Stangen stärker. Das Korn knirschte beim Mahlen. Ein paar Arbeiter strauchelten und fielen. Die andern mühten sich weiter und schritten über sie hinweg.

Er fragte nach Giddenem, dem Sklavenaufseher. Er erschien. Seine Würde verriet sich

im Reichtum seiner Kleidung. Seine an den Seiten geschlitzte Tunika war von feinem Purpur. Schwere Ohrringe zogen seine Ohren herab, und seine Wickelgamaschen hielt eine goldene Schnur fest, die sich von den Knöcheln zu den Hüften hinaufringelte, wie die Schlange um einen Baum. In seinen mit Ringen bedeckten Fingern hielt er eine Kette aus Gagatkugeln, ein Mittel, die an der Fallsucht Leidenden zu erkennen.

Hamilkar winkte ihm, die Maulkörbe abnehmen zu lassen. Da stürzten alle Sklaven mit

einem Geschrei wie ausgehungerte Tiere über das Mehl her und verschlangen es, wobei sich ihre Gesichter in den Haufen vergruben.

»Du verlangst zu viel von ihnen!« versetzte der Suffet.

Giddenem antwortete, dies sei möglich, sonst wären sie aber nicht zu bändigen.

»Dann war es also umsonst, daß ich dich nach Syrakus in die Sklavenschule geschickt

habe! Laß die andern kommen!«

Und die Köche, die Küfer, die Stallknechte, die Läufer, die Sänftenträger, die Badediener und die Weiber mit ihren Kindern, alle stellten sich im Garten in einer langen Reihe auf, die vom Verwaltungshause bis zu den Gehegen der wilden Tiere reichte. Sie hielten den Atem an. Ungeheure Stille durchdrang Megara. Die Sonne stand schräg über

der Lagune unter der Totenstadt. Pfauen schrien. Hamilkar schritt ganz langsam die Front ab. »Was soll ich mit diesen Greisen?« fragte er. »Verkaufe sie! Zu viel Gallier! Das sind Trunkenbolde! Und zu viel Kreter! Das sind Lügner! Kaufe mir Kappadozier, Asiaten und Neger.«

Er wunderte sich über die geringe Zahl der Kinder. »Jedes Haus muß alljährlich Nachwuchs haben, Giddenem! Laß alle Nächte die Hütten offen, damit die Leute nach Belieben miteinander verkehren können!«

Dann ließ er sich die Diebe, die Trägen und die Widerspenstigen zeigen. Er erteilte Strafen und machte Giddenem Vorwürfe. Der senkte wie ein Stier seine niedrige Stirn, auf der die breiten Brauen zusammenstießen.

»Hier, Gottbegnadeter!« sagte er, auf einen kräftigen Libyer deutend. »Den da hat man mit einem Strick um den Hals ertappt!«

»So, du möchtest also sterben?« fragte ihn der Suffet verächtlich.

Der Sklave entgegnete in unerschrockenem Tone: »Ja!«

Der Fall bot ein Beispiel und war ein materieller Verlust. Aber unbekümmert darum gebot Hamilkar den Knechten:

»Führt ihn ab!«

Vielleicht hegte er insgeheim die Absicht, ein Opfer zu bringen. Er legte sich diesen Verlust auf, um schlimmerem vorzubeugen.

Giddenem hatte die Verstümmelten hinter den andern versteckt. Hamilkar bemerkte sie.

»Wer hat dir den Arm abgeschlagen?«

»Die Söldner, Gottbegnadeter!«

Dann fragte er einen Samniter, der schwankend dastand wie ein verwunderter Reiher.

»Und du, wer hat dir das angetan?«

Der Aufseher hatte ihm mit einer Eisenstange das Bein zerschmettert.

Diese sinnlose Grausamkeit empörte den Suffeten. Er rieß Giddenem die Gagatkette aus

den Händen und schrie:

»Fluch dem Hunde, der seine Herde verletzt! Sklaven verstümmeln! Gütige Tanit! Ha,

du richtest deinen Herrn zugrunde! Man ersticke ihn im Mist! – Und nun fehlen noch eine Menge! Wo sind sie? Hast du sie gemeinsam mit den Sölduern ermordet?«

Sein Gesichtsausdruck war so schrecklich, daß alle Weiber entflohen.

Die Sklaven verließen ihre Aufstellung und bildeten einen weiten Kreis um beide.

Giddenem küßte wie wahnsinnig die Sandalen Hamilkars, der noch immer mit geballten Fäusten vor ihm stand.

In seinem selbst in der wildesten Schlacht klaren Geiste erinnerte er sich jetzt tausend häßlicher und schmählicher Dinge, an die er bisher nicht gedacht hatte. Im Licht seines Zornes hatte er jetzt wie im Wetterschein mit einem Schlage all sein Mißgeschick vor Augen. Die Verwalter der Landgüter waren entflohen, aus Furcht vor den Söldnern, vielleicht im Einverständnis mit ihnen. Alle betrogen ihn. Ach, schon zu lange bezwang er sich!

»Man führe sie her!« schrie er. »Und brandmarke sie auf der Stirn mit glühendem Eisen als Feiglinge!«

Are sens