"Unleash your creativity and unlock your potential with MsgBrains.Com - the innovative platform for nurturing your intellect." » Deutsch Books » Salambo- Französische Literatur Gustave Flaubert · Deutsch

Add to favorite Salambo- Französische Literatur Gustave Flaubert · Deutsch

Select the language in which you want the text you are reading to be translated, then select the words you don't know with the cursor to get the translation above the selected word!




Go to page:
Text Size:

»Warum rieft ihr sie denn, euren Gesetzen zuwider, nach Karthago zurück? Und als sie

dann in der Stadt sind, arm und in Menge, inmitten all eurer Reichtümer, da kommt euch nicht einmal der Gedanke, sie durch die geringste Teilung zu schwächen! Ihr entlaßt sie mit Weib und Kind, allesamt, ohne auch nur eine einzige Geisel zurückzubehalten!

Wähntet ihr, sie würden einander morden, um euch den Schmerz zu ersparen, eure Schwüre zu halten? Ihr haßt sie, weil sie stark sind! Mich, ihren Marschall, haßt ihr noch mehr! O, ich merkte das soeben wohl, als ihr meine Hände küßtet. Ihr tatet euch Gewalt an, um nicht hineinzubeißen.«

Wären die Löwen, die draußen im Hofe schliefen, mit Gebrüll hereingestürzt, der Lärm

hätte nicht furchtbarer sein können. Da erhob sich der Oberpriester Eschmuns, steif, die Knie gegeneinandergepreßt, die Ellbogen an den Körper gedrückt und die Hände halb geöffnet.

»Barkas!« sprach er. »Karthago bedarf deiner. Du mußt den Oberbefehl über die

punischen Streitkräfte gegen die Barbaren annehmen!«

»Ich weigere mich!« entgegnete Hamilkar.

»Wir werden dir volle Gewalt geben!« riefen die Häupter der Syssitien.

»Nein!«

»Ohne jede Überwachung! Alleinige Selbständigkeit! Du bekommst so viel Geld, als du

forderst! Alle Gefangenen! Die ganze Beute! Vier Quadratfuß Land für jeden feindlichen Leichnam!«

»Nein, nein! Weil es unmöglich ist, mit euch zu siegen!«

»Er hat Furcht!«

»Weil ihr feig, geizig, undankbar, kleinmütig und unbesonnen seid!«

»Er will die Soldateska schonen!«

»Um sich an ihre Spitze zu stellen!« fügte irgendeiner hinzu.

»Und über uns herzufallen!« versetzte ein andrer.

Aus dem Hintergrunde aber brüllte Hanno:

»Er will sich zum Könige machen!«

Da sprangen sie alle auf, warfen die Sitze und die Fackeln um. Dolche zückend, stürzten sie nach dem Altar. Doch Hamilkar griff in seine Armel und zog zwei breite Messer hervor. Vorgebeugt, den linken Fuß vorgesetzt, stand er mit zusammengepreßten Zähnen und flammenden Augen da, unbeweglich unter dem goldnen Kandelaber, und blickte sie trotzig an.

Aus Vorsicht hatten sie also sämtlich Waffen mitgebracht! Das war ein Verbrechen!

Erschrocken blickten sie sich gegen- seitig an. Doch da alle schuldig waren, beruhigte man sich rasch, und einer nach dem andern wandte dem Suffeten den Rücken und stieg,

wütend über die Demütigung, wieder hinab. Zum zweiten Male wichen sie vor ihm zurück. Eine Weile blieben sie so stehen. Etliche hatten sich an den Fingern verletzt und führten sie zum Munde oder wickelten sie behutsam in den Saum ihrer Mäntel. Man wollte eben allgemein aufbrechen, da hörte Hamilkar die Worte:

»Pfui! Er tut es aus Rücksicht auf seine Tochter! Er will sie nicht betrüben!«

Und eine andre lautere Stimme schrie:

»Ohne Zweifel, denn sie wählt sich ja ihre Liebsten unter den Söldnern!«

Einen Augenblick wankte Hamilkar, dann suchten seine raschen Augen Schahabarim.

Der Priester der Tanit war allein auf seinem Platze verblieben, aber Hamilkar erblickte von weitem nichts als seine hohe Mütze. Die Versammlung lachte dem Suffeten höhnisch ins

Gesicht. Je mehr seine Erbitterung wuchs, um so größer ward ihre Freude, und inmitten des Spottgeschreis riefen die hinten Stehenden:

»Man hat einen aus ihrem Gemache kommen sehen!«

»Eines Morgens im Monat Tammuz!«

»Es war der Räuber des Zaimphs!«

»Ein sehr schöner Mann!«

»Größer als du!«

Hamilkar riß sich die Tiara vom Haupte, das Zeichen seiner Würde, seine Tiara mit acht symbolischen Reifen, die in der Mitte eine Rosette aus Smaragden trug, und schleuderte sie mit beiden Händen aus Leibeskräften zu Boden. Die goldnen Kronen zersprangen und

prallten hoch, und die Perlen schlugen klingend auf die Fliesen. Jetzt konnte man auf seiner bleichen Stirn eine lange Narbe erblicken, die sich wie eine Schlange zwischen seinen Augenbrauen hinringelte. Alle Glieder zitterten ihm. Er stieg eine der Seitentreppen empor, die auf den Altar führten, und betrat ihn. Damit deutete er an, daß er sich dem Gotte weihte, sich zum Opfer anbot. Sein Mantel flatterte und brachte die Lichter des Kandelabers ins Flackern, der sich jetzt zu Hamilkars Füßen befand, und der feine Staub, den seine Tritte aufwirbelten, umhüllte ihn bis zu den Lenden wie eine Wolke. Zwischen den Beinen des ehernen Kolosses blieb er stehen. Er nahm zwei Hände voll von der Asche, deren bloßer Anblick alle Karthager vor Entsetzen erbeben ließ, und sprach:

»Bei den hundert Fackeln eures Geistes! Bei den acht Feuern der Erdgeister! Bei den Sternen, den Meteoren und Vulkanen! Bei allem, was brennt! Beim Durste der Wüste und

dem Salze des Meeres! Bei der Höhle von Hadrumet und dem Reiche der Seelen! Bei dem

Ende aller Dinge! Bei der Asche eurer Söhne und der Asche der Brüder eurer Ahnen, mit der ich jetzt die meine menge! Ihr, der Rat der Alten von Karthago, ihr habt gelogen, als ihr meine Tochter anklagtet! Und ich, Hamilkar Barkas, der Suffet des Meeres, der Erste der Patrizier und der Herrscher des Volkes, ich schwöre vor Moloch dem Stierköpfigen …

Are sens

Copyright 2023-2059 MsgBrains.Com