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« Man erwartete etwas Entsetzliches, doch er fuhr mit lauter und ruhiger Stimme fort: »…

daß ich nicht einmal mit ihr darüber reden werde!«

Die Tempeldiener, goldne Kämme im Haar, traten ein, mit Purpurschwämmen und Palmzweigen. Sie hoben den hyazinthblauen Vorhang auf, der vor die Türe gespannt war.

Durch die Offnnug erblickte man im Hintergrunde der Säle den weiten rosenroten Himmel, der die Wölbung der Decke fortzusetzen schien und sich am Horizont auf das tiefblaue Meer stützte. Die Sonne erhob sich aus den Fluten und stieg empor. Ihre Strahlen trafen die Brust des Kolosses. Sein von roten Zähnen starrender Rachen tat sich in schrecklichem Gähnen auf. Seine ungeheuern Nasenflügel erweiterten sich. Das helle Licht belebte ihn und verlieh ihm ein furchtbares, lauerndes Aussehen, als ob er sich hinausstürzen wollte, um sich mit dem Gestirn, dem Gott, zu vereinen und mit ihm zusammen die Unendlichkeit zu durchstürmen.

Die umgerissenen Fackeln brannten inzwischen weiter, und ihr Widerschein goß hier und dort auf die Perlmutterfliesen rote Flecke wie von Blut hin. Die Alten taumelten vor Ermattung. Sie atmeten die frische Luft mit vollen Zügen. Schweiß rann über ihre bleigrauen Lippen. Sie hatten alle so viel geschrien, daß sie einander nicht mehr verstanden. Aber ihr Zorn gegen den Suffeten war nicht erloschen. Zum Abschied warfen sie ihm Drohungen zu, und Hamilkar erwiderte sie:

»Auf Wiedersehen morgen nacht, Barkas, im Tempel Eschmuns!«

»Ich werde da sein!«

»Wir werden dich durch die Hundertmänner verurteilen lassen!«

»Und ich euch durch das Volk!«

»Nimm dich nur in acht, daß du nicht am Kreuze endest!«

»Und ihr, daß ihr nicht in den Straßen zerrissen werdet!«

Sobald sie sich auf der Schwelle des Hofes befanden, nahmen sie wieder eine ruhige Haltung an.

Die Läufer und Wagenführer erwarteten ihre Herren am Tor. Die meisten Gerusiasten ritten auf weißen Maultieren davon. Der Suffet sprang in seinen zweirädrigen Wagen uud ergriff selbst die Zügel. Die beiden Rosse trabten im Takt in stolzer Beizäumung über die aufspringenden Kiesel. Die ganze Straße der Mappalier hinan galoppierten sie. Der silberne Geier vorn an der Deichsel schien zu fliegen, so schnell stürmte der Wagen dahin.

Die Straße durchschnitt einen Platz, der mit hohen, oben pyramidenförmig zugespitzten Steinplatten bedeckt war.

Sie trugen in der Mitte ausgemeißelt eine offene Hand, als ob der Tote, der darunter lag, sie gen Himmel emporstrecke, um etwas zu erbitten. Dann kamen verstreute Hütten aus Lehm, Zweigen und Binsengeflecht, kegelförmig errichtet. Kleine Mauern aus

Kieselsteinen, Rinnen mit gießendem Wasser, aus Spartogras geflochtene Stricke und Hecken von Feigenkaktus trennten in unregelmäßiger Weise die einzelnen Behausungen,

die immer zahlreicher wurden und sich bis zu den Gärten des Suffeten hinzogen. Hamilkar heftete seine Blicke auf einen großen Turm, dessen drei Stockwerke die Form von drei ungeheuren Zylindern hatten. Das unterste war aus Stein, das zweite aus Ziegeln und das oberste ganz aus Zedernholz erbaut und trug eine kupferne Kuppel, auf vierundzwanzig Säulen

aus

Wacholderholz,

von

denen

Erzketten

in

Form

von

durcheinandergeschlungenen Girlanden herabhingen. Der hochragende Bau beherrschte die Gebäude, die zur Rechten standen, die Speicher und das Verwaltungshaus, während der Frauenpalast hinter den Zypressenreihen hervorlugte, die wie zwei eherne Mauern Wache hielten.

Als der Wagen rasselnd durch das enge Tor gefahren war, hielt er unter einem breiten

Schutzdache, unter dem angehalfterte Pferde an Heubündeln fraßen.

Diener liefen herbei. Es waren ihrer eine große Menge vorhanden, da man auch die auf

den Feldern Arbeitenden, aus Furcht vor den Söldnern, in die Stadt hereingetrieben hatte.

Diese Feldarbeiter trugen Tierfelle und schleppten Ketten nach, die um ihre Knöchel zusammengeschmiedet waren. Die Arbeiter aus den Purpurfabriken hatten rotgefärbte Arme wie Scharfrichter. Die Seeleute trugen grüne Mützen, die Fischer

Korallenhalsbänder, die Jäger ein Netz auf der Schulter und die im Schlosse von Megara Beschäftigten weiße oder schwarze Gewänder, Lederhosen und Kappen aus Stroh, Filz oder Leinwand, je nach ihrem Dienst und verschiedenem Gewerbe.

Dahinter drängte ein in Lumpen gehüllter Pöbel. Diese Vagabunden lebten obdachlos ohne jede Beschäftigung. Sie schliefen des Nachts in den Gärten und nährten sich von den Küchenabfällen. Es war gleichsam menschlicher Moder, der im Schatten des Palastes wucherte. Hamilkar duldete sie, mehr aus kluger Vorsicht denn aus verächtlichem Erbarmen. Sie hatten sich allesamt zum Zeichen ihrer Freude Blumen hinter die Ohren

gesteckt. Viele von ihnen hatten den Gewaltigen noch nie gesehen.

Aufseher, die ihr Haar wie Sphinxe trugen, warfen sich auf alle diese Leute und schlugen mit ihren großen Stöcken rechts und links um sich. Dies geschah, um die auf den Anblick ihres Gebieters neugierigen Sklaven zurückzutreiben. Hamilkar sollte nicht durch die Menge beengt und durch ihren Geruch nicht belästigt werden.

Nun warfen sich alle platt auf den Boden und schrien: »Götterliebling, dein Haus blühe!« Durch diesen in der Zypressenallee auf dem Boden liegenden Schwarm schritt der Haushofmeister Abdalonim in seiner hohen weißen Mütze auf Hamilkar zu, ein

Weihrauchfaß in der Hand.

Da kam Salambo die Galeerentreppe herab, gefolgt von all ihren Frauen, die immer, wenn ihre Herrin eine Stufe herabstieg, dasselbe taten. Die Köpfe der Negerinnen hoben sich als große schwarze Punkte in der langen Linie der mit Goldplättchen besetzten Binden auf den Stirnen der Römerinnen ab. Andre trugen im Haar silberne Pfeile, Schmetterlinge aus Smaragden oder sonnenartig geordnete lange Nadeln. Auf dem Gewirr

der weißen, gelben und blauen Gewänder funkelten Ringe, Spangen, Halsketten, Fransen

und Armbänder. Die leichten Stoffe knisterten. Man hörte das Klappen der Sandalen und das dumpfe Treten der bloßen Füße auf den Holzstufen. Hier und da ragte ein großer Eunuch über die Frauen hinweg mit seinen hohen Schultern und seinem lächelnden Haupte. Als die Zurufe der Männer nachgelassen hatten, stießen die Weiber, das Gesicht mit den Ärmeln verhüllend, seltsame Rufe aus, dem Heulen von Wölfinnen vergleichbar,

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