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Indessen vernahm man dahinter ein Dröhnen von Tritten, übertönt von dem gellenden

Klang der Trompeten, die wie wütend geblasen wurden. Der Raum, den die Barbaren vor

sich hatten, voll von wirbelndem Staub und wildem Gewühl, zog sie an wie ein Strudel.

Manch einer rannte hinein. Gepanzerte Massen tauchten auf, fest in sich geschlossen, und gleichzeitig sah man auf den Flügeln das leichte Fußvolk wieder im Laufschritt heranstürmen und Reiterscharen im Galopp der Attacke.

Hamilkar hatte nämlich der Phalanx den Befehl gegeben, die Intervalle zu öffnen und die Elefanten, die Leichtbewaffneten und die Reiterei in ihrer Rückwärtsbewegung durchzulassen. Sie sollten sich alsdann rasch auf die beiden Flügel der Phalanx begeben und diese verlängern. Er hatte den Abstand von den Barbaren so gut berechnet, daß die Karthager in dem Augenblick, wo sie mit ihnen zusammenstießen, ebenfalls eine lange gerade Schlachtlinie bildeten.

In der Mitte starrte die Phalanx in den ihr eigentümlichen Unterabteilungen, das heißt in Karrees, je sechzehn Mann tief und ebenso breit. Die Vorderleute der Rotten standen umstarrt von Lanzenspitzen, die weit über sie vorragten. Die ersten fünf Glieder hielten ihre Lanzen so gefaßt, daß die Spitzen alle in gleicher Höhe zur Wirkung kamen. Die elf hinteren Glieder legten die Lanzen auf die Schultern der vor ihnen stehenden Rotte. Aller Gesichter verschwanden zur Hälfte unter den Helmblenden. Eherne Beinschienen

schützten den rechten Schenkel. Die langen halbzylinderischen Schilde reichten bis zu den Knien herab. Das ganze schreckliche Rechteck rückte wie ein einziger Mann vor. Es schien lebendig wie ein Tier und bewegte sich zuverlässig wie eine Maschine. Zwei Elefanten-Schwadronen deckten die Phalanx auf beiden Seiten. Die Tiere schüttelten sich, um die Pfeilsplitter los zu werden, die in ihrer schwarzen Haut stecken blieben. Die Indier hockten auf den Widerristen zwischen weißen Federbüschen und hielten sie mit dem

Löffel ihrer Harpunen im Zug, während in den Türmen Schützen, bis an die Schultern gedeckt, große Bogen spannten und eiserne Spindeln, mit brennendem Werg umwickelt, als Pfeile einlegten. Rechts und links von den Elefanten schwärmten die Schleuderer, eine Schleuder um die Hüften geschlungen, eine zweite um den Hals, eine dritte in der rechten Hand. Ihnen schlossen sich die Klinabaren an, jeder einen Neger neben sich. Sie steckten ihre Lanzen zwischen den Ohren ihrer Pferde hindurch, die wie sie in Gold strotzten.

Noch weiter nach den Seiten kamen weit ausgeschwärmt die Leichtbewaffneten mit Schilden aus Luchsfell, hinter denen die Spitzen der Wurfspieße hervorsahen, die sie in der Linken trugen. Schließlich bildeten die Tarentiner, die neben ihrem Sattelpferde noch ein Handpferd führten, die beiden Schlußsteine dieser Soldatenmauer.

Das Barbarenheer dagegen hatte seine Schlachtlinie nicht festgeschlossen erhalten können. In ihrer übermäßigen Ausdehnung waren Bogen und Lücken eingetreten. Alles keuchte, atemlos vom Laufen.

Die punische Phalanx setzte sich schwerfällig in Bewegung und machte mit gefällten Lanzen einen Vorstoß im Laufschritt. Unter ihrem wuchtigen Anprall gab die allzu dünne Linie der Söldner alsbald in der Mitte nach.

Jetzt holten die Flügel der Karthager aus, um den Gegner zu umfassen. Die Elefanten folgten ihnen. Die Phalanx aber durchbrach nunmehr durch eine nochmalige

Lanzenattacke die Linie der Barbaren. Die beiden langen Hälften wurden nach links und rechts abgedrängt, aber die karthagischen Flügel warfen sie mit ihren Schleuderkugeln, Wurfspießen und Pfeilen gegen die eingedrungene Phalanx zurück. Um den

Geschoßangriff abzuschlagen, fehlte es den Barbaren an Reiterei. Die wenige, die da war, zweihundert Numidier, attackierte die auf dem rechten Flügel stehenden Schwadronen der Klinabaren. So war alles festgekeilt, und kein Teil konnte aus den feindlichen Massen loskommen. Die Gefahr war drohend und ein Entschluß dringend notwendig.

Spendius befahl, die Phalanx gleichzeitig auf beiden Flanken anzugreifen, um sie quer zu durchstoßen. Aber die Flügelrotten manöverierten so geschickt, daß die Phalanx sich auch hier gegen die Barbaren wandte, ebenso furchtbar auf den Flanken, wie sie es vorher in der Front gewesen war.

Die Barbaren hieben auf die Schäfte der Lanzen ein, doch die Reiterei störte sie von hinten im Angriff, und die Phalanx, an die Elefanten gelehnt, schloß sich bald zusammen, bald dehnte sie sich wieder aus, bald bildete sie ein Viereck, bald einen Kegel, einen Rhombus, ein Trapez oder eine Pyramide. Eine doppelte Bewegung flutete beständig von

der Front nach der Queue. Die nämlich, die in den hintern Gliedern standen, drängten nach vorn, und die vorderen, wenn sie ermüdet oder verwundet waren, zogen sich zurück. Die Barbaren sahen sich gegen die Phalanx gedrückt. Aber auch diese konnte unmöglich vorwärts. Sie glich einem Meer, in dem die roten Federbüsche und die blitzenden Metallschuppen wogten und wallten, und die schimmernden Schilde wie Silberschaum auf

und nieder brandeten. Zuweilen stürzten breite Ströme von einem Ende zum andern und fluteten dann wieder zurück, während in der Mitte eine schwarze unbewegliche Masse brodelte. Die Lanzen hoben und senkten sich abwechselnd. Anderswo zuckten blanke Schwerter in so hastiger Bewegung, daß man nur die Spitzen erkannte, und

Reiterschwärme brachen durch die Masse, die sich hinter ihnen rasch wieder wirbelnd zusammendrängte.

Durch die Kommandorufe der Hauptleute, die Signale der Trompeten und den schrillen Klang der Leiern pfiffen die Blei- und Tonkugeln, um die Schwerter aus den Händen und das Hirn aus den Schädeln zu schmettern. Verwundete deckten sich mit einem Arm unter

ihrem Schild und streckten die Schwerter vor, den Knauf auf den Boden gestemmt. Andre wälzten sich in Blutlachen, um den Gegner in die Fersen zu beißen. Die Masse stand so gedrängt, der Staub war so dicht, das Gewühl so stark, daß man nichts zu unterscheiden vermochte. Feiglinge, die sich ergeben wollten, wurden nicht einmal gehört. Wenn man keine Waffen mehr hatte, rang man Leib an Leib. Die Brustkörbe krachten gegen die Panzer, und Leichname hingen mit zurückgesunkenem Haupt zwischen zwei sie

umklammernden Armen. Eine Kompagnie von sechzig Umbriern marschierte festen

Tritts, die Lanzen eingelegt, zähneknirschend und unerschütterlich vor und zwang zwei Karrees der Phalanx auf einmal zum Weichen. Epirotische Hirten stürmten gegen die Klinabarenschwadronen des linken Flügels vor, packten die Pferde bei den Mähnen und ließen ihre Stöcke kreisen. Die Tiere warfen ihre Reiter ab und jagten über die Ebene hin. Die ausgeschwärmten punischen Schleuderer standen verblüfft da. Die Phalanx begann zu wanken. Die Hauptleute liefen ratlos umher. Die hinteren Glieder drängten die vorderen aus der Reihe. Die Barbaren aber hatten sich wieder geordnet. Sie griffen von neuem an: der Sieg war ihnen!

Da erscholl ein Geschrei, ein furchtbares Geheul, ein Gebrüll von Schmerz und Wut.

Das waren die zweiundsiebzig Elefanten, die in zwei Treffen anstürmten. Hamilkar hatte nur gewartet, bis die Söldner auf einem einzigen Punkt zusammengeknäuelt waren, um sie dann loszulassen. Die Indier hatten die Tiere so gewaltsam gestachelt, daß ihnen das Blut über die breiten Ohren rann. Ihre mit Mennige bestrichenen Rüssel standen senkrecht empor wie rote Schlangen, ihre Brust war mit einem Spieße bewehrt, ihr Rücken gepanzert, ihre Stoßzähne durch eiserne Klingen verlängert, die wie Säbel gekrümmt waren. Um sie wilder zu machen, hatte man sie mit einer Mischung von Pfeffer, Wein und Weihrauch berauscht. Brüllend schüttelten sie ihre Schellenhalsbänder, und die Elefantenführer duckten die Köpfe vor den über sie hinwegschwirrenden Brandpfeilen, die jetzt von den Türmen herabzufliegen begannen.

Um mehr Wucht zu haben, stürzten die Barbaren den Ungetümen in dichten Haufen entgegen. Die Elefanten stürmten ungestüm mitten in sie hinein. Die Spieße an ihrer Brust spalteten wie Schiffsschnäbel die Heerscharen, die in großen Wogen zurückfluteten. Sie erdrückten die Kämpfer mit den Rüsseln oder rissen sie empor und reichten sie über ihre Köpfe hinweg den Soldaten in den Türmen. Mit ihren Stoßzähnen schlitzten sie den Gegnern die Bäuche auf und schleuderten sie hoch in die Luft. Lange Eingeweide hingen an ihren Elfenbeinhauern wie Tauwerk an Masten. Die Barbaren suchten den Tieren die Augen auszustechen oder die Kniekehlen durchzuschneiden. Manche krochen ihnen unter

den Bauch, stießen ihnen das Schwert bis zum Heft hinein und wurden dann von ihnen zermalmt. Die Tapfersten klammerten sich an das Riemenzeug und sägten mitten in Flammen, Kugeln und Pfeilen die Gurtung durch, bis der Weidenturm umklappte wie ein

Turm aus Stein. Vierzehn Elefanten vom rechten äußersten Flügel, durch ihre Wunden in Wut versetzt, wandten sich um, gegen das zweite Treffen. Da griffen die Indier zu ihren Hämmern, setzten die Meißel auf die Schädeldecken und schlugen mit aller Kraft zu. Die riesigen Tiere brachen zusammen und fielen übereinander. Sie bildeten Berge. Auf solch einem Haufen von Kadavern und Rüstzeug lag ein ungeheurer Elefant, »Zoru Baals«

genannt, die Beine in Ketten verstrickt, einen Pfeil im Auge. Er brüllte bis zum Abend.

Wie Eroberer, die sich an der Vernichtung weiden, zermalmten, zerstampften und zertrümmerten die übrigen Tiere alles und ließen ihren Zorn an den Toten und Überbleibseln aus. Um die Reihen von Soldaten znrückzudrängen, von denen die Kolosse

umringt wurden, drehten sie sich auf den Hinterfüßen in einem fort im Kreise herum, wobei sie immer vorwärts zu kommen verstanden. Die Karthager fühlten sich wieder stark und frisch, und die Schlacht begann von neuem.

Die Barbaren ermatteten. Von den griechischen Schwerbewaffneten warf ein Teil die Waffen weg. Schrecken ergriff die übrigen. Man sah Spendius, auf seinem Dromedar hockend, wie er es an den Schultern mit zwei Speeren anstachelte. Da stürzte alles nach den Flügeln und eilte auf Utika zu.

Die Klinabaren, deren Pferde erschöpft waren, machten keinen Versuch, die Söldner zu

verfolgen. Die Ligurer, von Durst verzehrt, schrien und wollten nach dem Flusse. Nur die Karthager, die in der Mitte der Karrees gestanden und weniger auszuhalten gehabt hatten, stampften vor Begier, weil ihnen die Gelegenheit zur Rache zu entgehen drohte. Schon machten sie sich zur Verfolgung der Söldner auf, – da erschien Hamilkar.

Er hielt sein schweißbedecktes, getigertes Pferd an silberbeschlagenen Zügeln. Die an den Hörnern seines Helmes flatternden Bänder wehten hinter ihm im Winde. Seinen ovalen Schild hatte er unter den linken Schenkel geschoben. Mit einem Zeichen seiner dreizackigen Lanze gebot er dem Heere Halt.

Die Tarentiner sprangen schnell von den Sattelpferden auf ihre Handpferde und galoppierten in verschiedenen Richtungen nach der Stadt und nach dem Flusse zu.

Die Phalanx vernichtete gemächlich alles, was von den Barbaren noch übrig war.

Gegnerischen Schwertern nah, hielten die Söldner die Kehle hin und schlossen die Augen.

Andre verteidigten sich verzweifelt. Man warf sie aus der Ferne mit Steinen tot wie tolle Hunde. Hamilkar hatte befohlen, Gefangene zu machen. Doch die Karthager gehorchten ihm nur mit Groll. Es gewährte ihnen Vergnügen, ihre Schwerter in die Leiber der Barbaren zu stoßen.

Da es ihnen zu heiß wurde, begannen sie, wie Schnitter, mit entblößten Armen zu arbeiten. Wenn sie innehielten, um Atem zu schöpfen, folgten sie mit den Augen den Reitern, die in der Ebene hinter Söldnern herjagten, und sahen zu, wie es ihnen gelang, die Flüchtlinge bei den Haaren zu packen, wie sie sie eine Zeitlang festhielten und dann mit Axthieben niederschlugen.

Die Nacht brach an. Karthager wie Barbaren waren verschwunden. Flüchtige Elefanten

jagten am Horizont mit brennenden Türmen umher. Da und dort leuchteten sie durch die

Finsternis wie halb im Nebel verlorene Blinkfeuer. In der weiten Ebene bemerkte man keine andre Bewegung als das Wogen des Flusses, der durch die vielen Leichen geschwollen war, die er dem Meere zutrug.

Zwei Stunden später kam Matho an. Beim Schein der Sterne sah er lange,

unregelmäßige Haufen auf dem Boden liegen.

Es waren die Reihen der Barbaren. Er bückte sich. Sie waren alle tot. Er rief. Keine

Stimme gab ihm Antwort.

Er hatte am nämlichen Morgen mit seinen Truppen Hippo-Diarrhyt verlassen, um gegen

Karthago zu marschieren. Als er Utika erreichte, war das Heer des Spendius bereits abgezogen, und die Einwohner waren eben dabei, die Belagerungsmaschinen zu

verbrennen. Man hatte sich auf beiden Seiten mit Erbitterung geschlagen. Doch als das Getöse, das man in der Richtung auf die Brücke hörte, in unbegreiflicher Weise zunahm, war Matho auf dem kürzesten Wege über die Berge geeilt. Niemand begegnete ihm, da die Barbaren in die Ebene flohen.

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