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aufgehängten Kesseln. Ihr purpurner Widerschein beleuchtete grell einzelne Stellen, während er andre in schwarzem Dunkel ließ. Man schrie und rief. Pferde standen in langen geraden Reihen angehalftert, in der Mitte des Lagers. Die Zelte waren rund oder viereckig, aus Leder oder Leinwand. Dazwischen sah man Schilfhütten oder auch einfache Löcher im Sande, wie sie sich die Hunde scharren. Die Soldaten fuhren Faschinen, lagen mit aufgestütztem Ellbogen auf der Erde oder schickten sich, in Decken gewickelt, zum Schlafen an. Um über sie hinwegzugelangen, mußte Salambos Pferd mehrere Male springen.

Sie entsann sich, alle diese Leute schon gesehen zu haben. Nur waren ihre Bärte jetzt länger, ihre Gesichter schwärzer und ihre Stimmen rauher. Matho schritt vor ihr her und machte ihr mit Gesten des Armes, die seinen roten Mantel lüfteten, den Weg frei. Manche der Soldaten küßten ihm die Hände. Andre sprachen ihn in ehrfürchtiger Haltung an, um Befehle zu empfangen. Er war jetzt der wirkliche einzige Feldherr der Barbaren. Spendius, Autarit und Naravas hatten den Mut verloren. Er dagegen hatte so viel Kühnheit und Ausdauer an den Tag gelegt, daß ihm alle gehorchten.

Salambo ritt hinter ihm durch das ganze Lager. Mathos Zelt lag am Ende, nur noch dreihundert Schritte entfernt von Hamilkars Verschanzungen.

Zur Rechten bemerkte sie eine breite Grube, und es kam ihr vor, als ob über ihrem Rande dicht am Boden Gesichter auftauchten. Sie sahen wie abgeschnittene Köpfe aus, doch ihre Augen bewegten sich, und ihren halbgeöffneten Lippen entflohen Klagen in punischer Sprache.

Zwei Neger mit Harzfackeln standen an beiden Seiten der Zelttür. Matho schlug hastig

die Leinwand zurück. Salambo folgte ihm.

Es war ein längliches Zelt mit einem Mast in der Mitte. Eine große Lampe in Form einer Lotosblüte erleuchtete es. Sie war bis zum Rande mit gelbem Öl gefüllt. Dicke Wergflocken schwammen darauf. Im Dunkel erkannte man blinkendes Kriegsgerät. Ein bloßes Schwert lehnte neben einem Schilde an einem Schemel. Peitschen aus

Flußpferdhaut, Zimbeln, Schellen und Halsketten lagen bunt durcheinander auf

geflochtenen Körben. Schwarze Brotkrumen bedeckten eine Filzdecke. In einer Ecke auf

einer runden Steinplatte lagen Kupfermünzen nachlässig aufgehäuft, und durch die Risse in der Leinwand blies der Wind von draußen Staub und den Geruch der Elefanten herein,

die man fressen und mit ihren Ketten rasseln hörte.

»Wer bist du?« fragte Matho.

Salambo blickte sich langsam nach allen Seiten um, ohne zu antworten. Dann wandten

sich ihre Augen nach dem Hintergrund des Zeltes und blieben auf einem bläulich glitzernden Gegenstand haften, der über einem Lager aus Palmzweigen hing. Sofort schritt sie darauf zu. Ein Schrei entfuhr ihr. Matho blieb hinter ihr und stampfte mit dem Fuße.

»Was führt dich her? Wozu kommst du?«

Sie wies auf den Zaimph und erwiderte.

»Um das da zu holen!«

Mit der andern Hand riß sie den Schleier von ihrem Gesicht. Matho wich zurück, betroffen, fast erschrocken, die Arme nach hinten gestreckt.

Sie fühlte sich von göttlicher Kraft beseelt. Auge in Auge schaute sie ihn an und forderte den Zaimph. Sie verlangte ihn zurück mit beredten hochmütigen Worten.

Matho hörte nicht. Er betrachtete sie. Ihre Gewänder waren in seinen Augen eins mit ihrem Leibe. Die schillernden Stoffe waren ihm ebenso wie ihre schimmernde Haut etwas ganz Besonderes, das nur ihr eigen war. Ihre Augen blitzten im Feuer ihrer Diamanten, und der Glanz ihrer Fingernägel war der Widerschein der funkelnden Steine, die ihre Finger umstrahlten. Die beiden Spangen ihrer Tunika zwängten ihren Busen ein wenig in die Höhe und preßten die beiden Brüste näher aneinander. Mathos Gedanken verloren sich in dem engen Raume zwischen diesen beiden Hügeln, wo an einer Schnur ein

smaragdbesetztes Medaillon herabhing. Etwas tiefer lugte es unter der violetten Gaze hervor. Als Ohrgehänge trug sie zwei kleine Schalen aus Saphir, deren jede eine hohle, mit wohlriechender Flüssigkeit gefüllte Perle trug. Durch winzige Löcher in den Perlen sickerte von Zeit zu Zeit ein Tröpfchen des Parfüms herab und benetzte ihre nackten Schultern. Matho sah eins fallen.

Unbezähmbare Neugier ergriff ihn, und wie ein Kind, das nach einer unbekannten Frucht greift, berührte er Salambo zitternd mit der Spitze eines Fingers oben am Busen.

Das kühle Fleisch gab mit elastischem Widerstand nach.

Diese kaum fühlbare Berührung erregte Matho bis in das Mark feiner Knochen. Eine wilde Wallung durchflutete seinen ganzen Körper und drängte ihn jäh nach ihr hin. Er hätte sie umschlingen, sie in sich saugen, sie trinken mögen. Seine Brust keuchte, seine Zähne klapperten aufeinander.

Er ergriff Salambo bei den Handgelenken und zog sie sanft an sich. Dann ließ er sich

auf einen Harnisch neben dem Lager aus Palmzweigen nieder, auf dem ein Löwenfell ausgebreitet war. Salambo blieb aufrecht stehen. Er hielt sie zwischen seinen Schenkeln und schaute sie vom Kopf bis zu den Füßen an. Immer wieder sagte er.

»Wie schön bist du! Wie schön bist du!«

Seine Blicke, die unablässig auf ihre Augen gerichtet waren, taten ihr weh, und dieses Mißbehagen, dieser Widerwille wurde ihr so schmerzhaft, daß sie an sich halten mußte, um nicht aufzuschreien. Schahabarim fiel ihr ein. Sie fügte sich.

Matho hielt ihre kleinen Hände immerfort in den seinen, aber von Zeit zu Zeit wandte Salambo trotz des priesterlichen Gebotes den Kopf weg und versuchte, sich durch eine Armbewegung loszumachen. Er sog mit weitgeöffneten Nasenflügeln den Duft ein, der von ihr ausströmte, einen unbestimmbaren Geruch, frisch und doch betäubend wie Weihrauch, einen Duft von Honig, Gewürz, Rosen und allerlei Seltsamkeiten.

Aber wie kam sie zu ihm? In sein Zelt, in seine Gewalt? Ohne Zweifel hatte jemand sie dazu angestiftet. War sie wegen des Zaimphs gekommen? Seine Arme fielen schlaff herab.

Er neigte den Kopf und versank in schwermütige Träumerei.

Um ihn zu rühren, sagte sie mit klagender Stimme:

»Was habe ich dir getan, daß du meinen Tod willst?«

»Deinen Tod?«

Sie fuhr fort:

»Ich sah dich eines Abends im Schein meiner brennenden Gärten, zwischen rauchenden

Bäumen und meinen erschlagenen Sklaven, und deine Wut war so groß, daß du auf mich

lossprangst und ich fliehen mußte! Dann ist der Schrecken in Karthago eingezogen. Man schrie über die Verwüstung der Städte, die Verheerung der Äcker, das Hinmorden von Soldaten, – und du, du hattest verwüstet, verheert, gemordet! Ich hasse dich! Der bloße Klang deines Namens frißt an mir wie bittere Reue! Du bist verfluchter als die Pest, als der Krieg mit Rom! Die Provinzen zittern vor deinem Zorn, die Felder sind voller Toten.

Ich bin der Spur deiner Brandfackeln gefolgt, als ob ich hinter Moloch herginge!«

Matho sprang auf. Ungeheurer Stolz schwellte sein Herz. Er fühlte sich erhaben wie ein Gott.

Mit bebenden Nasenflügeln und zusammengepreßten Zähnen fuhr sie fort:

»Als ob dein Tempelraub nicht schon genug wäre, kamst du zu mir, während ich schlief, in den Zaimph gehüllt. Deine Worte habe ich nicht verstanden, aber ich habe wohl gefühlt, daß du mich zu etwas Schändlichem verführen, mich in einen Abgrnnd stürzen wolltest…

Matho rang die Hände und rief:

»Nein, nein! Ich wollte ihn dir schenken! Ihn dir zurückgeben! Mir war, als hätte die Göttin ihr Gewand für dich hergegeben, als gehörte es dir! In ihrem Tempel oder in deinem Hause, – ist das nicht dasselbe? Bist du nicht allmächtig, rein, glänzend und schön wie Tanit?«

Und mit einem Blick voll unendlicher Anbetung fuhr er fort:

»Vielleicht bist du Tanit selbst!«

»Ich, Tanit?« flüsterte Salambo wie zu sich selbst.

Sie schwiegen beide. Donner rollten in der Ferne. Vom Gewitter erschreckt, blökten Schafe.

»Komm näher!« hub er wieder an. »Komm näher! Fürchte nichts!

Are sens