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» H a t er das wirklich gesagt?« Fräulein Gerlach lacht glockenhell. » H a t er nicht eher gesagt, daß er mich heiraten will? Aber das ist wohl Nebensache. Also: J a , Luiserl, dein P a p a und ich, wir wollen heiraten. Und du und ich werden gewiß sehr gut miteinander zurechtkommen. Davon bin ich fest überzeugt. Du nicht? P a ß auf — wenn wir erst einige Zeit mitsammen gewohnt und gelebt haben, werden wir die besten Freundinnen geworden sein! Wir wollen uns beide rechte Mühe geben. Meine Hand darauf!«

Das Kind weicht zurück und sagt ernst: »Sie dürfen Vati nicht heiraten!«

Die Kleine geht entschieden ziemlich weit. »Und warum nicht?«

»Weil Sie es nicht dürfen!«

»Keine sehr befriedigende Erklärung«, meint das Fräulein scharf. Mit Güte kommt man ja hier doch nicht weiter.

»Du willst mir verbieten, die Frau deines Vaters zu werden?«

» J a ! «

»Das ist ja wirklich allerhand!« Die junge Dame ist auf-gebracht. »Ich muß dich bitten, jetzt nach Hause zu gehen.

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Ob ich deinem Vater von diesem merkwürdigen Besuch erzähle, werde ich mir noch überlegen. Wenn ich nichts erzählen sollte, dann nur, um unserer späteren Freundschaft, an die ich noch immer glauben möchte, nichts Ernstliches in den Weg zu legen. Auf Wiedersehen!«

An der Tür wendet sich das Kind noch einmal um und sagt: »Lassen Sie uns so, wie wir sind! Bitte, bitte . . . « Dann ist Fräulein Gerlach allein.

Hier gibt es nur eins. Die Heirat muß beschleunigt werden.

Und dann ist dafür zu sorgen, daß das Kind in ein Internat gesteckt wird. Umgehend! Hier kann nur strengste Erziehung durch fremde Hand noch helfen.

»Was wollen Sie denn?«

Das Stubenmädchen steht mit einem Tablett da. »Ich bring' die Schokolade. Und die gefüllten Waffeln. Wo ist denn das kleine Mädchen?«

»Scheren Sie sich zum Teufel!«

Der Herr Kapellmeister kommt, da er in der Oper diri-gieren muß, nicht zum Abendbrot. Resi leistet dem Kind, wie in solchen Fällen immer, beim Essen Gesellschaft.

»Du ißt ja heute gar nix«, bemerkt die Resi vorwurfsvoll.

»Und ausschauen tust grad zum Fürchten. Was hast denn?«

Lotte schüttelt den Kopf und schweigt.

Die Haushälterin ergreift die Kinderhand und läßt sie erschrocken fallen. »Du hast ja Fieber! Gleich gehst ins Bett!«

Dann trägt sie, ächzend und schnaufend, das völlig apathi-sche Geschöpf ins Kinderzimmer, zieht ihm die Kleider vom Leib und legt es ins Bett.

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»Nichts dem Vati erzählen!« murmelt die Kleine. Ihre Zähne klappern. Resi türmt Kissen und Betten übereinander.

Dann rennt sie zum Telefon und ruft den Herrn Hofrat Strobl an.

Der alte Herr verspricht, sofort zu kommen. Er ist genauso aufgeregt wie die Resi.

Sie ruft in der Staatsoper an. »Gut is'!« antwortet man ihr. »In der Pause werden wir's dem Herrn Kapellmeister ausrichten.«

Resi rast wieder ins Schlafzimmer. Das Kind schlägt um sich und stammelt wirres unverständliches Zeug. Die Dek-ken, Kissen und Betten liegen auf dem Boden.

Wenn bloß der Herr Hofrat käme! Was soll man machen?

Umschläge? Aber was für welche? Kalte? Heiße? Nasse?

Trockene?

In der Pause sitzt der befrackte Kapellmeister Palffy in der Garderobe der Sopranistin. Sie trinken einen Schluck Wein und fachsimpeln. Die Leute vom Theater reden immer vom Theater. Das ist nun einmal so. Da klopft es.

»Herein!«

Der Inspizient tritt ein. »Endlich find' ich Sie, Herr P r o -

fessor!« ruft der alte zapplige Mann. »Man hat aus der Rotenturmstraße angeläutet. Das Fräulein Tochter ist ur-plötzlich krank geworden. Der Herr Hofrat Strobl wurde sofort benachrichtigt und dürfte bereits am Krankenlager eingetroffen sein.«

Der Herr Kapellmeister sieht blaß aus. »Dank' dir schön, Herlitschka«, sagt er leise. Der Inspizient geht.

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»Hoffentlich ist es nichts Schlimmes«, meint die Sängerin.

»Hat die Kleine schon die Masern gehabt?«

»Nein«, sagt er und steht auf. »Entschuldige, Mizzi!« Als die Tür hinter ihm zugefallen ist, kommt er ins Rennen.

Er telefoniert. »Hallo, Irene!«

» J a , Liebling? Ist denn schon Schluß? Ich bin noch lange nicht ausgehfertig!«

Er berichtet hastig, was er soeben gehört hat. Dann sagt er:

»Ich fürchte, wir können uns heute nicht sehen!«

»Natürlich nicht. Hoffentlich ist es nichts Schlimmes. Hat die Kleine schon die Masern gehabt?«

»Nein«, antwortet er ungeduldig. »Ich rufe dich morgen früh wieder an.« Dann hängt er ein.

Ein Signal ertönt. Die Pause ist zu Ende. Die Oper und das Leben gehen weiter.

Endlich ist die Oper aus! Der Kapellmeister rast in der Rotenturmstraße die Stufen hinauf. Resi öffnet ihm. Sie hat noch den Hut auf, weil sie in der Nachtapotheke war.

Der Hofrat sitzt am Bett.

»Wie geht's ihr denn?« fragt der Vater flüsternd.

Are sens