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und brachte es in leise zitternde Bewegung.

Matho lag wie ein Trunkener schlafend auf der Seite. Ein Arm von ihm hing über den

Rand des Lagers hinab. Seine perlengeschmückte Binde hatte sich ein wenig verschoben

und ließ seine Stirn frei. Ein Lächeln umspielte seine halbgeöffneten Lippen. Die Zähne glänzten zwischen seinem schwarzen Barte, und um seine nicht ganz geschlossenen Augen lachte stille Heiterkeit, die Salambo beinahe kränkte. Sie stand vor seinem Lager und blickte ihn unbeweglich an, mit gesenktem Haupt und übereinandergelegten Händen.

Am Kopfende des Bettes lag auf einem Tisch von Zypressenholz ein Dolch. Der Anblick der funkelnden Klinge erregte in Salambo ein blutdürstiges Verlangen. Es war ihr, als klagten ferne Stimmen durch die Nacht, ein sie beschwörender Geisterchor. Sie trat näher, sie faßte den Stahl beim Griff. Ihre Gewänder streiften den Schläfer. Da öffnete Matho die Augen. Er berührte mit seinen Lippen ihre Hände, und der Dolch fiel zu Boden.

Draußen erhob sich Geschrei. Erschreckende Helle leuchtete hinter dem Zelt auf. Matho schlug die Leinwand am Eingang zurück: das Lager der Libyer stand in Flammen.

Die Schilfhütten brannten. Die Rohrstäbe krümmten sich, platzten im Qualm und schossen wie Pfeile davon.

Am blutroten Horizont sah man schwarze Schatten wirr durcheinander laufen. In den Hütten heulten drin Verbliebene. Elefanten, Rinder und Pferde jagten mitten durch das Getümmel und zertraten Menschen, Kriegsgerät und das aus den Flammen gerettete Gepäck. Dazu Trompetensignale. Alles rief: »Matho! Matho!« Man wollte in sein Zelt eindringen. »Komm! Hamilkar verbrennt Autarits Lager!«

Er stürmte hinaus. Salambo blieb allein zurück.

Sie betrachtete den Zaimph, und als sie ihn sattsam angeschaut hatte, war sie erstaunt, das Glück nicht zu fühlen, das sie sich davon ersehnt hatte. Schwermütig stand sie vor

ihrem unerfüllten Traume.

Da ward der Saum des Zeltes aufgehoben, und eine unförmige Gestalt erschien.

Salambo erkannte anfangs nichts als zwei Augen uud einen langen weißen Bart, der bis zur Erde hinabhing, denn der übrige Körper kroch über den Boden, durch die Lumpen eines gelbroten Gewandes behindert. Bei jeder Bewegung des Vorwärtskriechenden verschwanden die beiden Hände im Barte und kamen dann wieder hervor. So schleppte sich die Gestalt bis vor Salambos Füße. Jetzt erkannte sie den alten Gisgo.

Die Söldner hatten den gefangenen Gerusiasten, damit sie nicht entflohen, mit Eisenstangen die Beine zerschmettert und ließen sie alle durcheinander in der Grube im Unrat verkommen. Nur die Stärksten richteten sich schreiend hoch, wenn sie das Klappern der Kochgeschirre vernahmen. So hatte Gisgo Salambo bemerkt. An den kleinen Achatkugeln, die an ihre Schuhe schlugen, hatte er erraten, daß es eine Karthagerin sein müsse, und ergriffen von der Ahnung eines wichtigen Geheimnisses, war es ihm mit Hilfe seiner Leidensgefährten gelungen, aus der Grube hinauszuklettern. Dann hatte er sich auf Ellbogen und Händen die zwanzig Schritte weiter bis zu Mathos Zelt geschleppt. Zwei Stimmen sprachen darin. Er hatte draußen gelauscht und alles gehört.

»Du bist’s!« sagte sie nach einer Weile, ganz entsetzt.

Gisgo richtete sich auf den Händen empor und erwiderte:

»Ja, ich bin’s! Man hält mich wohl für tot, sag?«

Sie senkte den Kopf. Er redete weiter:

»O, warum haben mir die Götter diese Gnade nicht erwiesen?« Dabei kroch er so nahe

an sie heran, daß er sie streifte. »Sie hätten mir den Schmerz erspart, dich verfluchen zu müssen!«

Salambo wich hastig zurück. Ihr graute es vor diesem schmutzigen Wesen, das scheußlich war wie ein Gespenst und schrecklich wie ein Ungeheuer.

»Ich bin fast hundert Jahre alt,« fuhr er fort. »Ich habe Agathokles gesehen und Regulus. Hab es erlebt, daß die römischen Adler die Ernte der punischen Felder zertraten.

Hab alle Greuel des Krieges geschaut und das Meer bedeckt gesehen mit den Trümmern

unsrer Flotte! Barbaren, deren Feldherr ich war, haben mich nun an Händen und Füßen gefesselt wie einen Sklaven, der einen Mord begangen hat. Meine Gefährten sterben einer nach dem andern um mich her. Der Gestank ihrer Leichen läßt mich nachts nicht schlafen.

Ich wehre die Vögel ab, die ihnen die Augen aushacken wollen. Und dennoch: nicht einen Tag hab ich an Karthago verzweifelt! Und hätte ich alle Heere der Welt im Kriege gegen die Stadt gesehen, und wären die Feuer der Belagerer höher als die Giebel seiner Tempel aufgelodert, – ich hätte doch an Karthagos Ewigkeit geglaubt! Jetzt aber ist alles zu Ende, alles verloren! Die Götter verabscheuen es! Fluch über dich, die du durch deine Schandtat seinen Untergang beschleunigt hast!«

Sie wollte reden… .

»Ich war hier!« rief er aus. »Ich habe dich in girrender Liebe gesehen wie eine Dirne!

Ein Barbar hat dir seine Geilheit gezeigt, und du hast ihm deine Hände zum Kusse gereicht! Und wenn du deiner schamlosen Liebeswut auch nachgabst, so mußtest du

wenigstens dem Beispiel der wilden Tiere folgen, die sich bei der Paarung verbergen, nicht aber deine Schande angesichts deines Vaters zur Schau stellen!«

»Ich verstehe dich nicht!« versetzte Salambo.

»So! Wußtest du nicht, daß die beiden Heereslager nur sechzig Ellen voneinander entfernt sind? Und daß dein Matho im Übermaß seiner Frechheit sein Zelt unmittelbar vor den Augen Hamilkars aufgeschlagen hat? Dein Vater steht dort hinter dir, und wenn ich den Steg hinaufsteigen könnte, der auf den Wall hinaufführt, so würde ich ihm zurufen: Komm und sieh deine Tochter in den Armen des Barbaren! Um ihm zu gefallen, hat sie

das Kleid der Göttin angelegt, und mit ihrem Leibe gibt sie ihm den Ruhm deines Namens preis und die Majestät unsrer Götter und die Rache des Vaterlandes, ja das Heil Karthagos!«

Bei den Bewegungen seines zahnlosen Mundes flatterte sein langer Bart. Seine Augen

starrten Salambo an, wie um sie zu verschlingen, und im Staube kriechend, wiederholte er keuchend:

»Gottlose! Verflucht seist du! Verflucht! Dreimal verflucht!«

Salambo hatte die Leinwand aufgehoben und hielt sie mit ausgestrecktem Arme hoch.

Stumm blickte sie nach Hamilkars Lager hinüber.

»Dort drüben, nicht wahr?« fragte sie.

»Was kümmerts dich! Hebe dich von hinnen! Weg von hier! Wühle dein Antlitz lieber

tief in den Boden ein! Das dort ist ein heiliger Ort, den dein Blick entweiht!«

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