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»Es ist nicht das Kind, das Sie meinen«, sagt die Dame freundlich. » E s ist die Schwester.«

Resi öffnet die Korridortür. Draußen steht der japsende Peperl mit einem Kind.

»Grüß Gott, Resi!« ruft das Kind und stürzt mit dem Hund in das Kinderzimmer.

Die Haushälterin schaut entgeistert hinterdrein und schlägt ein Kreuz.

Dann ächzt der alte Hofrat die Stufen empor. Er kommt mit einer bildhübschen Frau, die einen Reisekoffer trägt.

»Wie geht's Lottchen?« fragt die Frau hastig.

»Etwas besser, glaub' ich«, meint die Resi. »Darf ich Ihnen den Weg zeigen?«

»Danke, ich weiß Bescheid!« Und schon ist die Fremde im Kinderzimmer verschwunden.

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»Wenn S' wieder einigermaßen zu sich gekommen sein werden«, sagt der Hofrat amüsiert, »helfen S' mir vielleicht aus dem Mantel. Aber lassen S' sich nur Zeit!«

Resi zuckt zusammen. »Bitte tausendmal um Vergebung«, stammelt sie.

»'s hat ja heute keine solche Eile mit meiner Visite«, erklärt er geduldig.

»Mutti!« flüstert Lotte. Ihre Augen hängen groß und glän-zend an der Mutter wie an einem Bild aus Traum und Zauber. Die junge Frau streichelt wortlos die heiße Kinderhand.

Sie kniet am Bett nieder und nimmt das zitternde Geschöpf sanft in die Arme.

Luise schaut blitzschnell zum Vater hinüber, der am Fenster steht. Dann macht sie sich an Lottchens Kissen zu schaffen, klopft sie, wendet sie um, zupft ordnend am Bettuch.

Jetzt ist sie das Hausmütterchen. Sie hat's ja inzwischen gelernt!

Der Herr Kapellmeister mustert die drei mit einem ver-stohlenen Seitenblick. Die Mutter mit ihren Kindern. Seine Kinder sind es ja natürlich auch! Und die junge Mutter war vor Jahren sogar einmal seine junge Frau! Versunkene Tage, vergessene Stunden tauchen vor ihm auf. Lang, lang ist's h e r . . .

Peperl liegt wie vom Donner gerührt am Fußende des Betts und blickt immer wieder von dem einen kleinen Mädchen zum anderen. Sogar die kleine schwarze gelackte Nasenspitze ruckt unschlüssig zwischen den beiden hin und her, als schwanke sie zweifelnd, was denn nun zu tun sei. Einen netten, kinderliebenden Hund in eine solche Verlegenheit zu bringen!

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Da klopft es.

Die vier Menschen im Zimmer erwachen wie aus einem seltsamen Wachschlaf.

Der Herr Hofrat tritt ein. Jovial und ein bißchen laut wie immer. Am Bett macht er halt. »Wie geht's dem P a -

tienten?«

»Gut«, sagt Lottchen und lächelt ermattet.

»Haben wir heute endlich Appetit?« brummt er.

»Wenn Mutti kocht!« flüstert Lottchen.

Mutti nickt und geht ans Fenster. »Entschuldige, Ludwig, daß ich dir erst jetzt guten Tag sage!«

Der Herr Kapellmeister drückt ihr die Hand. »Ich dank'

dir vielmals, daß du gekommen bist.«

»Aber ich bitte dich! Das war doch selbstverständlich!

Das Kind . . . «

»Freilich, das K i n d « , erwidert er. »Trotzdem!«

»Du siehst aus, als hättest du seit Tagen nicht geschlafen«, meint sie zögernd.

»Ich werd's nachholen. Ich hatte Angst um . . . um das Kind!«

»Es wird bald wieder gesund sein«, sagt die junge Frau zuversichtlich. »Ich fühl's.«

Am Bett wird gewispert. Luise beugt sich dicht an Lottchens Ohr. »Mutti weiß nichts von Fräulein Gerlach. Wir dürfen's ihr auch nie sagen!«

Lottchen nickt ängstlich.

Der Herr Hofrat kann es nicht gehört haben, weil er das Fieberthermometer prüft. Obwohl er natürlich das Thermometer nicht gerade mit den Ohren inspiziert! Sollte er aber doch etwas gehört haben, so versteht er es jedenfalls vor-129

bildlich, sich nicht das mindeste anmerken zu lassen. »Die Temperatur ist fast normal«, sagt er. »Du bist übern Berg!

Herzlichen Glückwunsch, Luiserl!«

» D a n k ' schön, Herr Hofrat«, antwortet die richtige Luise kichernd.

»Oder meinen Sie mich?« fragt Lottchen, vorsichtig lachend. Ihr Kopf tut aber noch weh.

»Ihr seids mir ein paar Intriganten«, knurrt er, »ein paar gefährliche! Sogar meinen Peperl habt ihr an der Nase herumgeführt!« Er streckt beide Hände aus, und mit jeder seiner Pranken fährt er zärtlich über einen Mädchenkopf.

Dann hustet er energisch, steht auf und sagt:

»Komm, Peperl, reiß dich von den zwei trügerischen Weibsbildern los!«

Peperl wedelt abschiednehmend mit dem Schwanz. Dann schmiegt er sich an die gewaltigen Hosenröhren des Hofrats, der soeben dem Herrn Kapellmeister Palffy erklärt:

»Eine Mutter, das ist eine Medizin, die kann man nicht in der Apotheke holen!« Er wendet sich an die junge Frau.

»Werden S' solang bleiben können, bis das Luiserl, ein'n Schmarrn, bis das Lottchen, mein' ich, wieder völlig beisamm' ist?«

»Ich werd' wohl, Herr Hofrat, und ich möcht' schon!«

» N a also«, meint der alte Herr. »Der Herr Exgemahl wird sich halt dreinfügen müssen.«

Are sens