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häufte Steine auf der Plattform der Türme und füllte die Häuser, die unmittelbar an den Wall stießen, mit Sand, um dadurch seine Widerstandsfähigkeit und Stärke zu zu vermehren.

Angesichts dieser Zurüstungen gerieten die Barbaren in Wut. Sie wollten den Kampf unverzüglich beginnen. Die Steine, mit denen sie ihre Ballisten luden, waren aber so ungeheuer schwer, daß die Geschütze defekt wurden. Der Sturm mußte aufgeschoben werden.

Endlich, am dreizehnten Tage des Monats Schebar, vernahm man in der Stadt bei Sonnenaufgang einen gewaltigen Stoß gegen das Khamontor.

Fünfundsiebzig Soldaten schoben an Seilen einen Widder heran. Das war ein mächtiger

Balken, der an Ketten wagrecht von einem Gerüste herabhing und vorn in einen ehernen

Widderkopf auslief. Man hatte den Balken mit Ochsenhäuten überzogen und in Abständen

mit eisernen Reifen umschmiedet. Er war dreimal so dick wie ein Mannskörper und siebzig Meter lang. Wenn ihn die Menge der nackten Arme vorstieß, schwebte er in regelmäßigen Schwingungen vor und wieder zurück.

Auch die Widder vor den andern Toren begannen ihre Tätigkeit. In den hohlen Treträdern sah man Menschen von Staffel zu Staffel springen. Die Flaschenzüge und Walzen knarrten und knirschten, die Seilvorhänge sanken herab, und ein Hagel von Steinen und Pfeilen sauste mit einem Male los. Die Schleuderer liefen sämtlich in ausgeschwärmter Ordnung vor. Einige, die Töpfe voll brennenden Harzes unter ihren Schilden versteckt trugen, näherten sich dem Walle. Dort schleuderten sie sie aus Leibeskräften hinüber. Der Pfeil-, Kugel- und Feuerregen überflog die oben Kämpfenden und fiel im Bogen hinter den Mauern nieder. Auf deren Kamm aber erhoben sich lange Kräne, wie sie zum Aufrichten der Schiffsmasten gebraucht wurden. Durch sie ließ man riesige Zangen herab, die in zwei innerlich gezahnte Halbkreise ausliefen. Diese packten je einen Widder. Die Söldner klammerten sich am Balken fest und zerrten ihn rückwärts.

Die Karthager dagegen zogen ihn empor. Dieses Ringen dauerte bis zum Abend.

Als die Söldner am nächsten Morgen den Angriff wieder aufnahmen, hingen von den Zinnen der Mauern überall Baumwollballen, Decken und Kissen herab, und die Scharten

waren mit Matten verstopft. Zwischen den Kranen erblickte man auf dem Walle eine lauge Reihe von großen Gabeln und Hackmessern, die an Stangen befestigt waren. Alsbald begann abermals ein wütender Widerstand.

Baumstämme, von Tauen gehalten, stürzten abwechselnd auf die Widder herab und wurden dann wieder hoch gezogen. Mit Haken, die durch die Geschütze geworfen wurden, riß man die Dächer von den Schutzlauben, und von der Plattform der Türme regneten Ströme von Ziegeln und Steinen herab.

Endlich brachen die Widder das Tagaster Tor und das Khamontor ein. Indessen hatten

die Karthager den Torbogen mit einer solchen Fülle von Gegenständen verrammelt, daß die Flügel nicht aufgingen, sondern stehen blieben.

Nun griff man die Mauer mit Stangenbohrern an, die, in den Fugen eingesetzt, einzelne Quader

ausbrechen

sollten.

Die

Geschütze

wurden

nachgerichtet,

ihre

Bedienungsmannschaften in Nummern und Ablösungen abgeteilt. Vom Morgen bis zum Abend arbeiteten sie unausgesetzt mit der eintönigen Genauigkeit von Webstühlen.

Spendius war unermüdlich darin, die Richtungen der Geschütze zu prüfen. Er half eigenhändig beim Spannen der Ballisten. Da die Spannung rechts wie links völlig gleich*sein mußte, schlug man, während des Anziehens der Spannerven, abwechselnd auf

den rechten und den linken Spannbolzen, bis beide einen gleichen Klang gaben. Spendius stieg auf die Lafetten und stieß mit der Fußspitze leise an die Sehne. Dann lauschte er gespannt, wie ein Zitherspieler, der seine Leier stimmt.

Und wenn dann die Schnellbalken der Schleudergeschütze losgingen, wenn die Säulen

der Ballisten vom Rückschlag erzitterten, wenn die Steine der Böller und die Pfeile der Katapulte dahinsausten, dann beugte er sich mit dem ganzen Körper vor und fuhr mit den Händen in die Luft, um der Flugbahn zu folgen.

Die Soldaten bewunderten seine Geschicklichkeit und führten seine Befehle stramm ans. Die Arbeit erheiterte sie, und unter Anknüpfung an die Bezeichnungen der einzelnen Maschinen machten sie Witze. Weil die Zangen zum Packen der Widder »Wölfe« hießen

und die bedeckten Gänge »Weinlauben«, so nannten sie sich selbst die »Lämmer«, oder sie scherzten, es gehe »zur Weinlese«. Beim Spannen der Onager riefen sie: »Los! Schlag mal tüchtig aus!« und zu den Skorpionen: »Stich mal feste!« Diese Späße – immer dieselben – hielten ihren Mut aufrecht.

Doch die Geschütze vermochten der großen Mauer keine Bresche beizubringen. Sie bestand eigentlich aus zwei Mauern, mit Erde dazwischen. Man zerstörte zwar die oberen Teile, doch die Belagerten besserten sie immer wieder aus. Matho befahl, Holztürme zu bauen, ebenso hoch wie die steinernen der Stadtbefestigung. Man warf Rasenstücke, Balken, große Steine, ganze Karren Sand samt ihren Rädern in den Graben, um ihn möglichst rasch zu füllen. Und noch ehe er ganz zugeschüttet war, wogte eine ungeheure Menge von Barbaren mit einem Male von der Landenge her und brandete gegen den Fuß

der Mauern, wie ein überschäumendes Meer.

Man brachte Holzleitern, Strickleitern und Fallbrücken, sogenannte Sambuken heran.

Diese bestanden aus zwei Mastbäumen, von denen sich an Tauen und Leitrollen eine bewegliche Brücke herabsenkte. Man brachte eine Reihe solcher Fallbrücken an die Mauer heran und ließ die Brücken im geeigneten Moment auf die Zinnen fallen. Die

Söldner stiegen sodann einer hinter dem andern mit Waffen in der Hand die schräge Brücke hinauf. Kein Karthager zeigte sich. Schon waren die Vordersten ziemlich nahe den Zinnen, da belebten sich diese und spien gleich Drachenschlünden Feuer und Rauch aus.

Sandmassen flogen herab und drangen den Sturmkolonnen zu Füßen der Mauer durch

die Ritzen der Rüstungen. Siedendes Steinöl floß über die Kleider, flüssiges Blei rann über die Helme und brannte Löcher ins Fleisch. Ein Funkenregen spritzte in die Gesichter, und leer gewordene Augenhöhlen schienen mandeldicke Tränen zu weinen. Männern, die mit

Öl begossen worden waren, brannten die Haare. Sie begannen zu laufen uud steckten die andern auch in Flammen. Man erstickte sie, indem man ihnen von weitem blutgetränkte Mäntel überwarf. Manche, die unverwundet aussahen, blieben unbeweglich und steifer als Pfähle mit offenem Munde und ausgestreckten Armen stehen.

Mehrere Tage hintereinander ward der Sturm immer wieder erneuert. Die Söldner hofften durch ein Übermaß von Kraft und Kühnheit zu siegen.

Hier und da sprangen Männer auf die Schultern der andern, bohrten eiserne Stäbe in die Steinfugen, benutzten sie als Sprosseu zum Hinaufklettern, wobei sie einen zweiten und dritten einbohrten. Dadurch gelangten sie, durch die vorspringende Mauerzinne über ihnen geschützt, allmählich empor. Doch aus einer gewissen Höhe stürzten sie rettungslos herab.

Der große Graben war bald bis über den Rand mit Leichen gefüllt. Unter den Füßen der

Lebenden lagen Verwundete, Tote und Sterbende bunt durcheinander. Zwischen

herausquellenden Eingeweiden, verspritztem Hirn und Blutlachen starrten halbverkohlte Stümpfe wie schwarze Flecken. Arme und Beine ragten halb aus Leichenhügeln hervor, wie Pfähle in einem ausgebrannten Weinberg.

Da man mit den Sturmleitern und Fallbrücken nichts ausrichtete, begann man die Tollenonen zu gebrauchen, Gerüste mit einem langen Kran, der einen großen viereckigen Korb dirigierte, in dem dreißig Mann samt ihren Waffen Platz finden konnten.

Matho wollte in den ersten dieser Sturmkrane steigen, der bereit war; aber Spendius hielt ihn zurück.

Die Bedienungsmannschaft drehte an der Winde. Der Korb schwebte langsam in die Höhe. Die Soldaten darin duckten sich eng aneinander, bis ans Kinn versteckt. Nur die Helmfedern sahen hervor. Als der Korb fünfzig Ellen hoch in der Luft schwebte, drehte er sich, dann senkte er sich ein wenig, wie ein Riesenarm, der auf seiner Hand eine Schar von Zwergen trägt, und setzte schließlich den mit Menschen gefüllten Korb oben auf der Stadtmauer ab. Die Soldaten stürzten sich auf die Gegner und kehrten niemals zurück.

Flugs wurden auch die übrigen Tollenonen aufgestellt. Doch um die Stadt zu erobern, hätte man ihrer hundertmal mehr haben müssen. Man gebrauchte sie nun auf eine mörderische Weise. Äthiopische Bogenschützen traten in die Körbe und wurden

hochgezogen. Nachdem man die Tauenden unten festgewickelt hatte, blieben die Körbe in der Schwebe, und die Schützen schossen mit vergifteten Pfeilen. So umringten die fünfzig Tollenonen, von denen man die Zinnen beherrschte, Karthago wie riesige Geier. Die Neger lachten, wenn sie die Wallverteidiger unter fürchterlichen Zuckungen sterben sahen.

Hamilkar schickte Schwerbewaffnete auf die Mauern. Er ließ sie alle Morgen vor dem

Ausrücken den Saft gewisser Kräuter trinken, der sie gegen das Gift feien sollte.

Eines Abends bei dunklem Wetter schiffte er seine Kerntruppen auf Barken und Flößen ein, fuhr in südlicher Richtung aus dem Hafen hinaus und landete an der Taenia. Von dort rückte er bis an die äußersten Stellungen der Barbaren heran, fiel ihnen in die Flanke und richtete unter ihnen ein Blutbad an. Auch wurden nachts Männer mit Fackeln an Seilen von den Mauern herabgelassen. Sie steckten die Belagerungsmaschinen der Söldner in Brand und wurden dann wieder emporgezogen.

Are sens