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Weisheit enthält.1 Aber auch der alphabetisch geordnete Anfang der Dieses Studium ist rabbini schen Gelehrten erst ab dem vierzigsten Klagelieder Jeremias spielt eine Rolle, da auf diesen Text im ersten Lebensjahr erlaubt, wenn ein Lehrer sie dabei anleitet.3

Teil des Alphabets des Ben Sira angespielt wird.

Die Kunde von Ben Siras Weisheit verbreitet sich in der ganzen Die Unterhaltung zwischen Lehrer und Schüler beginnt mit zwei Welt, so dass schließlich Nebukadnezar, der König von Babel, ihn Zitaten aus Mischna Abot. Den einjährigen Ben Sira weist der Leh-an seinen Hof bringen lässt. Ben Sira gilt als weise, aber nach Raba rer mit mAbot 5,21 zurück. Die Weisen haben festgesetzt, dass ein geht es hauptsächlich um die Ausübung der Weisheit. Hier aber las-Junge erst mit fünf Jahren anfangen solle, die Bibel zu lernen. Ben sen sich bei Ben Sira zunächst zahlreiche Mängel erkennen, deutlich Sira pariert auf diese Abweisung des Lehrers mit dem Zitat von mA-sichtbar in seiner Unmäßigkeit, seiner Respektlosigkeit und seiner bot 2,15:2 „Der Tag ist kurz und der Arbeit viel, die Arbeiter sind faul altklugen Geschwätzigkeit.

und groß ist der Lohn.“ Damit sagt er dem Lehrer einerseits, dass man gut daran tut, so früh wie möglich mit dem Lernen zu begin-1

Siehe bBM 22b.

1 Sirach

51,13-30.

2

Siehe bSanh 100b und Einleitung, XVIII.

2

Vgl. den Spruch „vita brevis, ars longa“, der den Anfang der Aphoris-3

Siehe bChag 11b-16a.

men des Hippokrates bildet.

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Alphabet des Ben Sira

III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition nen. Andererseits geht aus dem Zitat-Abtausch hervor, dass sich mit Frau, die dem Haushalt vorzustehen weiß, wie es in Prov 31,10-30

Zitaten aus der Traditionslite ratur jeder Standpunkt vertreten lässt.

im Lob der tüchtigen Hausfrau heißt:

Entsprechend scharf reagiert der Lehrer auf Ben Siras Einwand: Es Wem eine tüchtige Frau beschert ist, dem ist sie viel edler ist nicht die Sache des Schülers, den Lehrer zu belehren. Auch dies als die köstlichsten Perlen.

lässt sich aus der Tradition belegen. Im rabbinischen Bildungssy-Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen, und an stem war es unüblich, eine rechtliche Ent scheidung, eine Halacha, Nahrung wird es ihm nicht mangeln.

zu fällen, die von der Entscheidung des Lehrers abwich.1 Wer eine Sie tut ihm Liebes und kein Leid ihr Leben lang.

neue Halacha in Gegenwart seines Lehrers festsetzt, den straft Gott Sie geht mit Wolle und Flachs um und arbeitet gerne mit mit frühzeitigem Tod. Aber auch dieses Argument kann Ben Sira den Händen.

entkräften. Noch befinden sich beide erst in der Diskussion darüber,

[…]

ob Ben Sira unterrichtet werden darf oder nicht. Wenn er in die sem Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit, und auf ihrer Zunge Stadium den Lehrer belehren kann, dürfte Gott ihn nicht für eine ist gütige Weisung.

Belehrung des Lehrers strafen.

Sie schaut, wie es in ihrem Haus zugeht, und isst ihr Brot Der Aufforderung, den Buchstaben Alef zu wiederholen, kommt nicht mit Faulheit.

Ben Sira nach, indem er einen aus der Weisheitsliteratur bekannten Ihre Söhne stehen auf und preisen sie, ihr Mann lobt sie: Lehrspruch mit dem ersten Buchstaben beginnen lässt: „An dein Es sind wohl viele tüchtige Frauen, du aber übertriffst sie Herz lass keinen Kummer, denn schon viele Menschen hat der Kum-alle.

mer ge tötet.“ Die in dem Lehrsatz enthaltene Aufforderung, auch Lieblich und schön sein ist nichts; eine Frau, die JHWH

in Bezug auf das Gemüt eine gefestigte Grundhaltung zu erlangen, fürchtet, soll man loben.

sich nicht vom Kummer niederdrücken zu lassen, formuliert Ben Sira rein negativ: Kummer tötet den Menschen, wenn man ihm bis Dieses Zitat kennt Ben Sira, denn er hat es bereits seiner Mutter auf den Grund nachgibt. Dies mag zutreffend sein, hilft aber demje-zitiert (es sind wohl viele tüchtige Frauen, du aber übertriffst sie nigen, der im Kummer gefangen ist, wenig. Daher gibt Prov 12,25

alle), aber er bemerkt die Ironie des Lehrers nicht, der ihm mit sei-zusätzlich ein Angebot zur Abhilfe: „Kummer im Herzen bedrückt nem Antwortsatz zu verstehen gegeben hat, dass er überhaupt keinen den Menschen, aber ein freundliches Wort erfreut ihn.“ Gerade das Kummer hat und dass zu Hause alles in bester Ordnung ist. Ben freundliche Wort aber fehlt bei Ben Sira ebenso wie in Sirach 30,23: Sira versteht den Satz des Lehrers wörtlich, unfähig, die Linien zum

„Hintergehe deine Sorgen und beruhige dein Herz und halte den Är-gerade zitierten biblischen Frauenbild zu ziehen. Er variiert das ger von dir fern. Denn viele tötet die Sorge und ohne Nutzen ist der Thema „durch etwas Umkommen“: Nun ist es nicht der Kummer, Kummer.“ Dass dieser Aufforderung kaum Folge geleistet werden sondern die schöne Gestalt einer Frau, die das Umkommen herbei-kann, zeigt die Erzählung von Ben Sira und seinem Lehrer. Der Leh-führt. Will Ben Sira den Lehrer erneut zurechtweisen, er solle nicht rer weist den naseweisen Schüler ab, weil er Kummer und Sorgen auf die Schönheit der Frauen achten, fährt ihm nun der Lehrer über mit diesem Kind auf sich zukommen sieht. Das Kind lässt sich aber den Mund. Er beginnt seinen Satz mit dem Buchstaben Bet, der bei nicht abweisen. Es ist ein Spiegel für das Leben, aus dem man sich Ben Sira zur Aussage über die Gestalt von Frauen führte: Ben Sira nicht gänzlich zurückziehen kann. Der Lehrer reagiert gelassen auf hat den Lehrer nicht verstanden: „Bloß weil ich dir ein Geheimnis Ben Siras Eröffnungssatz. Ebenfalls mit dem Buchstaben Alef be-gesagt habe, dass meine Frau hässlich ist, redest du nun über die ginnend, weist er auf seine gefestigte Gemütsstimmung: „Allein den Gestalt von schönen Frauen.“ Dieses Thema ist tabu, vor allem im Kummer habe ich in der Welt, dass meine Frau hässlich ist.“ Dieser Lehrgespräch. Wie kann sich Ben Sira erdreisten, vor seinem Lehrer Satz ist durchaus ironisch gemeint, da Schönheit bei Frauen in der über Frauen zu reden! Der Lehrer zweifelt offen an, ob er das Ge-Weisheitsliteratur negativ bewertet wird. Schönheit verleitet Frauen spräch weiterführen soll: „Vielleicht bekommt es dir ja übel, dass ich allzu oft zu Untugenden, Schönheit wird eingesetzt, um die Män-dir mein Geheimnis anvertraut habe.“ Er versucht es ein drittes Mal ner zur Unzucht zu verleiten.2 Gepriesen wird daher die tugendhafte mit diesem Schüler, mit dem Buchstaben Gimel. Wieder tappt Ben Sira in die vom Lehrer gestellt Falle. Er greift das Wort „Geheim-1

Vgl. bEr 63a; bBer 31b.

nis“ aus dessen Satz auf, ein Reizwort, das testen sollte, wie es bei 2

Vgl. Prov 12,4.

Ben Sira mit der Tugend der Diskretion, der Verschwiegenheit und 276

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III. „Kritik“ der rabbinischen Tradition Vertrauenswürdigkeit steht. Wieder maßregelt Ben Sira den Lehrer: man kenne das eigene Schicksal nicht. Das Zitat erinnert schwach

„Gib dein Geheimnis nur an einen von tausend, wenn du in Frieden an Sirach 11,2: „Lobe keinen Menschen um seiner Schönheit willen leben willst.“ Ben Sira wirft dem Lehrer damit vor, er, der Lehrer, sei und verachte keinen Menschen um seines Aussehens willen.“

es doch gewesen, der das Thema angeschnitten habe, und er sei es Gehen wir aber noch einmal zurück zum letzten Sinnspruch Ben Si-schließlich, der ihm ein Geheimnis mitteile, obwohl er ihn überhaupt ras, der wörtlich lautet: „Spotte1 weder über einen Spitzbart noch nicht kenne. Ben Sira zitiert bei diesem Vorwurf fast wörtlich Sirach über einen Dickbart, denn du weißt nicht, was über dich beschlossen 6,6: „Auch wenn du mit vielen Leuten in Frieden lebst, sei nur einer ist.“ Nach E. Marmorstein warnt dieser Sinnspruch einerseits davor, aus Tausend dein Berater.“

sich nicht über das Aussehen eines Menschen lustig zu machen. An-Nachdem nun Ben Sira dreimal gezeigt hat, dass es ihm nicht dererseits erschließt sich eine weitere Bedeutungsebene durch eine etwa darum geht, etwas zu lernen, sondern in Opposition zum Leh-Erzählung, die bei al-Ánbāri belegt ist.2 Al-Ánbāris Geschichte rer zu stehen, lässt sich der Lehrer auf diese Situation ein. Er bestärkt der Philologie ist in Form von Einzelbiographien verfasst. Auf den ihn in seiner Rechthaberei. Die Argumente, die er anführt, sind aus Seiten 19-21 der Kairoer Aus gabe wird eine Unterhaltung zwischen biblischer Sicht abwegig: Ja, er schaut den schönen Frauen nach und Hajja b. Yūsuf (661-714) und Ábu Sulaiman Yahya b. Yámur al-will sich sogar von seiner Frau wegen einer Schöneren trennen. Ben Ádwani, der als Grammatik spezialist einen Ruf genoss, wiederge-Sira bemerkt auch diese Falle nicht und fährt unbekümmert fort, sei-geben, in der Hajja den Yahya fragt, ob er ihn jemals habe falsch ne Sprüche zu zitieren. Zunächst rät er dem Lehrer, er solle sich von lesen hören. Yahya, der zunächst versucht, dieser Frage auszuwei-koketten Frauen abwenden, und bezieht sich dabei auf Sirach 9,3, chen, gibt dann zu, einmal einen Fehler bei seinem Gesprächspartner versteht aber den Schluss vom Leichteren auf das Schwierigere nicht, gehört zu haben. Er beschreibt diesen Fehler, worauf Hajja ärgerlich den diese Lehre impliziert: Wenn ich schon mein Auge abwenden mit den Worten reagiert, dass nur Yahyas langer Bart ihn dazu ver-soll, um wie viel mehr meine Vorstellungskraft, meine Phantasie, die leiten konnte, eine solche Taktlosigkeit ihm gegenüber zu begehen.

etwas Gesehenes noch übersteigern kann. Der Lehrer weiß um diesen Die Erzählung fährt fort:3

Schluss, daher betont er, dass das Bild der Frau in seinem Hof nur bis zu den Augen geht: Sie zu sehen ist ein erfreulicher Anblick. Der Daraufhin sagte einer der Anwesenden: Oh, Prinz, Ka´b kleine Ben Sira wiederum zweifelt die Charakterfestigkeit des Leh-al Ahbar sagte mir, dass in einem der Bücher geschrieben rers an und meint, den Buchstaben He referierend, der Lehrer könne steht, dass der Bart dem Gehirn entsprosst. Je länger der der Versuchung des Blicks erliegen. Vor den Stricken, in denen der Bart ist, desto dünner wird das Gehirn und der Verstand Mann sich bei der Frau verfängt, will er den Lehrer warnen. Der eines Mannes wird geschwächt. Wenn aber der Verstand wiederum beteuert, er sei selbst gegen Zaubereien gefeit, und dies, geschwächt ist, wird der Mann ein Narr. Einem Narr aber weil er charakterstark (dickbärtig) sei. Er versteht sogar die Situation braucht man kein Gehör zu schenken.

der Frau auf seinem Hof, die mit einem Mann verheiratet ist, der ihr nicht gefällt, und dem sie sich daher entzieht. Ihm geschieht dies Marmorstein vermutet, dass diese Erzählung dem Autor des Alpha-nicht, weil er seiner eigenen Frau genug Aufmerksamkeit schenkt.

bets Ben Sira bekannt war.

Ben Sira glaubt dieser Erklärung nicht, und wieder missversteht er Der Lehrer geht über die Kritik, er solle nicht über andere spot-die Situation. Dass der Lehrer so viel über diese Frau auf seinem Hof ten, hinweg und reizt Ben Sira weiter. Wohl wissend, dass bereits weiß, kann seines Erachtens nur daran liegen, dass er ihr nachspio-das Anschauen einer fremden Frau einem Mann verboten ist, „be-niert. Ben Sira versteht nicht zu schlussfolgern. Er kontert daher mit 1

E. Marmorstein, A Note on the „Alphabet of Ben Sira“. JQR 41

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